Zürich – wie ein Luzerner die Limmatstadt lieben lernte
Zürich. Die grösste Stadt der Schweiz. Zentrum der mächtigsten Banken. Gepflastert mit der teuersten Strasse der Welt. Und nicht gerade berühmt für allzuviele Sympathiepunkte von Aussenstehenden. Es ist, wie es ist, muss aber nicht so sein. Auch mir sagte Zürich lange nichts und doch mag ich die Stadt an der Limmat heute sehr. Genau wie andere Städte auch, hat Zürich viele wunderschöne und ruhige Plätze, verwunschene Gassen und sympathische Einwohner. Die wunderschöne Stadtkulisse vom Zürichsee die Limmat hinunter zeigt sich ganz speziell an schönen Sommertagen von ihrer besten Seite.
So sieht es auch die Schweizer Autorin Milena Moser, welche selbst lange Zeit in Zürich wohnte. In ihrer Gebrauchsanweisung für Zürich hilft sie uns allen – Zürchern, Nicht-Zürchern und jenen, die es werden wollen – wie man die Grossstadt verstehen und lieben lernen kann. Sie nimmt den Leser mit auf einen Ausflug zu tollen Schauplätzen und persönlichen Erinnerungen an ihre Kindheit. Und sie zeigt, weshalb Zürich so ist, wie es eben ist.
Kommt mit und erfahrt, wie ich den Gang weg von der Innerschweiz nach Zürich vollbrachte und die Limmatstadt und dessen Region lieben lernte. Und reist doch selbst nach Zürich. Am besten mit dem Zug zum Hauptbahnhof, denn dort startet auch die Gebrauchsanweisung für Zürich von Milena Moser.
Zürich – gehts noch?!
Ja, ungefähr so waren die Reaktionen, als ich vor mittlerweile bald sieben Jahren von der Leuchtenstadt Luzern nach Zürich zog. Nicht direkt in die Stadt, aber doch ziemlich nahe. Aber keine Angst, die Reaktionen waren sechs Jahre zuvor genau gleich, als ich vom ländlichen Eschenbach im Luzerner Seetal nach Luzern zog. „Was?! In die Stadt gehst du?“ Ja, Luzern war halt einfach soooo weit weg. Ganze acht Kilometer Luftlinie. Eine gute Viertelstunde mit den Zug. Eine Weltreise ist ein Klapps dagegen. Und jetzt? Ja, jetzt wohne ich also im Kanton Zürich. Ganze 350 Meter von der Stadtgrenze entfernt. Für einen Zentralschweizer schlicht unvorstellbar. So liebäugeln einige Freunde wohl heute noch mit einer Rückkehr meinerseits. Aber weit gefehlt, ich fühle mich hier wohl, bin hier zu Hause und – oh ja – ich lebe gerne in Zürich.
Klar, Luzern ist eine traumhaft schöne Stadt und wird für immer meine Heimat sein. Das Alpenpanorama von Rigi bis Pilatus ist schlicht ein Traum und all die vielen Asiaten, welche bei Rot über die Strasse stolpern, gehören genauso zum Stadtbild. Dies ist einer der krassen Gegensätze zu Zürich. Dort hat es keine Asiatenbusse, welche zentrale Plätze vollstopfen. Dafür schafft es Luzern, auch mal öffentliche Toiletten an wichtigen Touristenzielen wie dem Löwendenkmal zu schliessen oder denkt laut darüber nach, Sitzbänke zu entfernen. Zu teuer. Klar. Wovon lebt die Stadt Luzern nun schon wieder vornehmlich? Aber egal, ich hatte ja mein eigenes WC in meiner Wohnung unweit des Naturschutzgebietes am Rotsee. Mein See der Luzerner Jahre. Heute ist es der Greifensee. Ein wenig grösser, aber ebenso traumhaft.
Zürich – der Beton-Transit
Zurück nach Zürich. Das ländliche Zürich. Stellt euch vor, hier hat es ebenfalls Wiesen, Wälder und Seen. Die Natur blüht hier ganz genauso schön wie anderswo. Die Stadtgrenze, 350 Meter von unserem Daheim entfernt, liegt mitten im Wald. Danach kommt noch mehr Wald. Kilometerweit. Meine bevorzugte Laufstrecke führt mich bis zum Zoo auf dem Zürichberg und wieder zurück. Um die zehn Kilometer vornehmlich durch den Wald. So leben in der Stadt auch Rehe und Füchse. Ja, das gibt es. Auch in Zürich. Nicht nur Beton und Strassenlärm, einfach weil es Zürich ist. Nein, verdammt viel Natur gibt es auch hier.
Aber woher kommt denn dieser Eindruck des dreckigen und zubetonierten Zürich? Ich kannte von Zürich lange ebenfalls nichts anderes. Als Kind bestand für mich Zürich aus der Transitstrecke vom Autobahnende Brunau, durch Zürich West, über die Hardbrücke und die Rosengartenstrasse und wieder auf die Autobahn. Ja, das war Zürich. Dazu kamen die Drogen-Schlagzeilen über Platzspitz und Letten und jährlich die Berichte über die Pflasterstein-Demos am 1. Mai. Geschmückt wurde dies mit wilden Ausgangsinfos an der Langstrasse mit viel Alkohol, Sex, Drogen und Gewalt. Ja, das war für mich lange das Zürich, das ich kannte. Und wenn dann schon Luzern als weit entfernte Stadt gilt, darf man Zürich erst recht nie betreten.
Zürich – die schönen Ecken
Aber hey, es ist alles nicht so schlimm. Im Grunde ist Zürich der Leuchtenstadt Luzern ähnlicher, als dies die Innerschweizer wahrhaben wollen. Das betrifft auch die Einwohner. Sprich die Zürcherinnen und Zürcher. Ich kenne mittlerweile viele äusserst sympathische Zürcher. Dumme Schwätzer und sonstige Idioten gibt es übrigens überall, auch in Luzern. Sehr schnell entdeckte ich die vielen Gassen und Plätze abseits der grossen Strassen. Die Altstadt, der Lindenhof, der Schanzengraben, die Gmüessbrugg (Rathausbrücke), der Sechseläutenplatz und noch vieles mehr. Auf letzterem findet der Höhepunkt des alljährlichen Sechseläutens statt, das Verbrennen des Bööggs. Etwas, das wir früher immer im Fernsehen mitverfolgt haben. Heute weiss ich, dass dieser Brauch der Zünfte viel mehr ist, als nur das Feuer mit dem Böögg. Ein toller Brauch, wie ich finde. Ganz genauso, wie Luzern die Fasnacht hat. Ebenfalls ein toller Brauch. Was die beiden gemeinsam haben? Nichts. Ausser, dass man damit aufgewachsen sein muss, um es wirklich richtig zu verstehen.
Beim Bellevue am Sechseläutenplatz steht im übrigen der Sternen-Grill, bekannt und beliebt durch seine super leckeren Bratwürste. Im Gegenzug steht in Luzern unweit des Mühlenplatzes die Twiny Station, genauso berühmt und beliebt für die genialen Schnitzelbrote. Sternen-Grill und Twiny Station finden sich – nebst vielen anderen feinen Ratschlägen – natürlich in meinen Restaurant-Empfehlungen. An Weihnachten stehen sich die beiden Städte noch ein wenig näher. Seit 2010 wird sowohl die Bahnhofstrasse in Zürich wie auch die Seebrücke in Luzern mit denselben LED-Leuchten in weihnachtliches Licht gehüllt. Es war ein Aufschrei. Obwohl die Beleuchtung trotz gleicher Leuchten total unterschiedlich sind. Während es in Zürich ein Sternenhimmel ist, befindet man sich in Luzern in einem regelrechten Lichtertunnel.
Zürich – die Tramstadt
Neu für mich waren die Trams. Ich fuhr zu meinen Luzerner Zeiten sehr viel mit dem öffentlichen Verkehr. Aus dem einfachen Grund, da ich kein Auto besass. Bus und Zug, alles kein Problem. Und jetzt sollte ich plötzlich mit dem Auto meiner damaligen Freundin und heutigen Frau mitten durch Zürich fahren? Über die weiten Kreuzungen, an welchen die Trams immer Vortritt haben? Ein Horror war es! Echt. Die Tramlinien lernte ich mit einem lustigen Tramausflug kennen. Wir fuhren einfach einen Tag lang auf sämtlichen Linien hin und her. So lernte ich die Linien kennen und gleichzeitig auch die Stadt und einige Cafés. Also, sitzt man im Tram, kann man sich getrost zurücklehnen. Sitz man im Auto, sollte man gut auf die Schienenfahrzeuge achten. Gemäss meiner Frau, das teuerste Blau der Stadt.
Die Stadt erkunden lässt sich nun auch gut mit der Gebrauchsanweisung für Zürich von Milena Moser. Die Autorin lebte selbst mehrere Jahre in der Stadt und erzählt von ihren eigenen Erlebnissen auf ihre ganz eigene Art. Eine äusserst empfehlenswerte, kurzweilige und unterhaltsame Lektüre. Sie zeigt uns tolle Plätze der Gegenwart, schaut aber auch zurück in der Geschichte. Keine Angst, es bleibt auch diesbezüglich unterhaltsam, macht sie dies doch auf eine wirklich tolle Weise. Es geht hierbei meist um die revolutionäre Seite der Stadt. Die Bewegungen von 1968 und 1980 oder die Drogenpolitik mit den Räumungen der offenen Drogenszenen am Platzspitz und später beim Oberen Letten.
Zürich – die Gebrauchsanweisung
Mit der Gebrauchsanweisung von Milena Moser seid ihr also nicht nur gut unterwegs in der Limmatstadt. Nein, ihr seid vielmehr sehr gut unterhalten. Egal wo. Milena Moser gehört für mich zu den besten Autorinnen der Schweiz. Man kann sie in kein spezielles Muster einordnen und ihr Schreibstil ist einzigartig. Man muss dies mögen, sonst geht es nicht. Aber es ist nicht schwierig. Ihr Bestseller Die Putzfraueninsel las ich vor längerer Zeit im Rahmen meiner Ausbildung im Deutsch-Unterricht. In kürzerer Vergangenheit las ich ihren Roman von 2015 Das Glück sieht immer anders aus und war einmal mehr begeistert. Doch die Gebrauchsanweisung für Zürich gehört zu meinen absoluten Favoriten aus der Bücherwelt von Milena Moser.
Wie gesagt, lebte Milena Moser lange Zeit in Zürich. Zeitweise lebte sie zwei Jahre in Paris sowie von 1998 bis 2006 in San Francisco. Heute lebt sie in Santa Fe (New Mexico, USA). Seit 2004 leitet sie Workshops im kreativen Schreiben in Amerika und in der Schweiz. 2011 bis 2013 stand sie gemeinsam mit Sibylle Aeberli mit dem Programm Die Unvollendeten auf der Bühne. 2014 und 2015 folgte ihr zweites Programm mit Die Unvollendeten verändern sich. Beide Programme waren ein Erfolg. Ende August 2018 erschien nun ihr neuster Roman Land der Söhne. Dieses Familienepos erstreckt sich über drei Generationen und handelt von Kindheitsprägung, Freiheit, Geschlecht und Identität. Also, erlebt mehr Zürich mit der Gebrauchsanweisung für Zürich und erlebt mehr Milena Moser mit ihren weiteren Büchern.
Gebrauchsanweisung für Zürich von Milena Moser erschien 2015 bei Nagel & Kimche.
Land der Söhne von Milena Moser erschien 2018 bei Nagel & Kimche.
Weitere spannende und unterhaltsame Bücher von Milena Moser und vielen anderen guten Autorinnen und Autoren mitsamt ihren Neuerscheinungen findet ihr in meinen Lese-Empfehlungen. Viel Spass.
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Wow, ich habe wirklich noch nie von jemanden gehört, dass Zürich zubetoniert sein soll. Ganz im Gegenteil. Vielleicht sehen das Großstädter auch etwas anders. Zürich will ich auf jeden Fall schon lange mal besuchen.
Liebe Grüße aus Wien!
Dorie von http://www.thedorie.com
Ja, ich darf dir auch sagen, dass Zürich tatsächlich eine schöne und sehenswerte Stadt ist mit sehr vielen wunderschönen Plätzen.
Wächst man jedoch im noch viel ländlicheren Luzern in der Zentralschweiz auf, sieht man die „grosse“ Stadt Zürich eben leider von einer ganz anderen Seite.
Liebe Grüsse, Stefan