Wie öffentlich darf ich Fotos meiner Kinder publizieren?
Wie geht ihr mit Fotos von euch und euren Kindern in der heutigen Zeit des vollumfänglichen online-seins um? Postet ihr jeden erdenklichen Moment auf Facebook? Vom morgendlichen Augenreiben über das spaghettisaucen verschmierte Gesicht am Mittagstisch bis zum abendlichen füdlibluten Bad in der Wanne? Oder gibt es ganz einfach gar nichts zu sehen im Internet von eurem Nachwuchs? Weder auf Facebook, Twitter und Instragram oder auf WhatsApp und Co? Oder verschickt ihr die Fotos dann doch an eure Freunde?
Es gibt viele Wege, damit umzugehen. Und noch viel mehr Meinungen dazu. Eine solche haben auch wir uns gebildet. Wichtig für uns Eltern ist in erster Linie, dass wir offen darüber sprechen und einen gemeinsamen Umgang mit den Fotos unserer Familie finden. Ein Vortrag an der Swiss Blog Family mitte November hat mich angeregt, noch einmal genau darüber nach zu denken.
Mit diesem Beitrag möchte ich euch helfen, eure eigene Meinung zu diesem heiklen Thema zu finden. Ich möchte euch anregen, mit eurer Partnerin oder eurem Partner offen darüber zu diskuttieren. Gerade weil wir Eltern heute die Verantwortung über unsere Kinder haben, sollten wir an deren Zukunft denken.
Mitte November dieses Jahres durfte ich in Basel am ersten Treffen der Schweizer Elternbloggerszene Teilnehmen. Katharina von Mama hat jetzt keine Zeit und Séverine von Mama on the rocks luden zur Swiss Blog Family. Rund 50 Mamabloggerinnen und recht genau zwei Papablogger folgten der Einladung ins Swissôtel La Plaza nach Basel.
Nebst interessanten Vorträgen stand das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund. Naja, Netzwerken ist nicht so mein Ding. Das Vortragsprogramm war jedoch sehr spannend. Im Fokus des Nachmittages standen die Themen Bekanntmachung des eigenen Blogs sowie der Umgang mit der Bekanntheit sowie persönlichen Informationen. Darunter auch mit privaten Fotos, insbesondere der eigenen Kinder.
Das Recht am eigenen Bild
Zu Beginn der Veranstaltung informierte Laurent Sedano von Pro Juventute über das Recht am eigenen Bild. Was sagt das Gesetzt und wie sollen wir als Blogger damit umgehen? Beide Frage sind gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt zwar gesetzliche Regelungen, diese beim Erstellen von Beiträgen jedoch korrekt anzuwenden, ist aber nicht so einfach.
[otw_shortcode_content_box title=“Pro Juventute“ title_style=“otw-regular-title“ title_color=“otw-white-text“ css_class=“szContentBoxStyle“]Die Schweizer Stiftung Pro Juventute setzt sich für Kinder, Jugendliche und ihre Familien ein. Sie untersützt und fördert sie im Alltag und sorgt für rasche Hilfe in der Not. Weiter setzt sie sich stark für die Kinderrechte ein. Pro Juventute finanziert sich vorwiegend von Spendengelder und Zuwendungen aus Bevölkerung und Wirtschaft. Die regelmässigen Elternbriefe sind eine grosse Hilfe bei der Erziehung der eigenen Kinder. Sie kommen passend zum Alter der Kinder mit der Post.[/otw_shortcode_content_box]
Laurent Sedano empfahl uns dann auch, nicht zu stark auf bestimmte Gesetzesartikel zu schauen (= was darf ich nicht), sondern vielmehr, zu überlegen, was man machen darf. Was nicht zwingend einfach ist. Wissen muss man, dass das Recht am Bild immer die abgebildete Person besitzt. Ist euer Kind darauf, so hat das Kind das Recht und nicht die Eltern! Auch wenn ihr im Moment für die Entscheidung einer Veröffentlichung verantwortlich seid. Das Recht ist und bleibt beim Kind auf dem Foto.
Die Informationen brachten mich zum Überlegen. Wird unser Sohn mit unseren heute gefällten Entscheidungen über ihn auch noch einverstanden sein, wenn er volljährig ist? Können wir dies heute überhaupt beurteilen? Wie auch immer, es sollte immer gemeinsam entschieden werden – als Eltern. Was bei „intakten“ Familien selbstverständlich sein sollte, kann bei getrennt lebenden Paaren schnell einmal zu ungewollten Konflikten führen.
Eine gute Entscheidungshilfe für die Veröffentlichung eines Bildes findet sich auf netzbilder.net, einer Seite der Uni Basel. Entscheidet für euch, ob ihr sämtliche Punkte einhalten wollt. Darüber nachdenken solltet ihr in jedem Fall. Und natürlich als Eltern einig sein.
Den eigenen Weg finden
Ist es nun gut so, wie man es selber handhabt? Ist es korrekt? Oder doch nicht? Es ist nicht einfach. Wieviele unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, mit den Fotos der eigenen Kinder umzugehen, zeigte sich auch an der Swiss Blog Family. Die einen puplizieren konsequent überhaupt keine Informationen der Familie, andere verschleiern ihre Geschichten gar mit zusätzlichen oder leicht abgeänderten Angaben. Auf der Gegenseite posten andere munter alle Fotos der kleinen Lieblinge. Oder dann gibt es noch die Möglichkeit, die Gesichter nicht zu zeigen, zu verpixeln oder die Augen mit irgendwelchen Herzchen abzudecken. Die krasse Variante wäre dann noch der schwarze Pornobalken.
Aber eben. Was ist jetzt richtig? Und vor allem, richtig für wen? Für einen selbst? Die Leser? Für das Kind? Nun ja, die Entscheidung fällt man ja selbst. Man fällt sie, um dem Leser einen tollen Beitrag zu präsentieren. Aber man sollte in erster Linie an das Wohl des Kindes denken. Stellt euch die Frage, ob euer Kind das Foto mit 18 Jahren ebenfalls der ganzen Online-Welt präsentieren würde. Im Zweifelsfall, entscheidet für das Wohle des Kindes.
Unser eingeschlagener Weg
Auch wir haben uns diese Frage gestellt. Immer wieder. Seit unser Kleiner auf der Welt ist? Den Anfang macht ja in der Regel das Spital. „Möchten sie ihr Baby in unserer Neugeborenen-Gallerie aufschalten? Ja? Mit Foto, Name und Geburtsdatum?“ Wir haben es gerne getan und ich würde es wieder tun. Für mich geht das völlig in Ordnung und ich denke, auch unser Sohn wird das mal ok finden.
Aber es geht weiter. Es gibt immer wieder tolle und lustige Schnappschüsse aus dem Alltag, die man am liebsten der ganzen Welt präsentieren möchte. Insbesondere Facebook ist natürlich sehr beliebt dafür. Den Gedanken, die eigenen Fotos sind nur für die eigenen Freunde da, lasse ich mal nicht ganz gelten. Online ist online und das bedeutet nunmal irgendwo auf einem Server. In der Regel auf mehreren weltweit. Wohl kaum (nur) in der Schweiz. Und die Definition Freunde auf Facebook ist ledglich eine softwaregesteuerte Rechteeinschränkung.
Wir sind bisher (und tun es immer noch) sehr zurückhaltend mit dem Veröffentlichen von Kinderfotos unseres Kleinen umgegangen. Klar, wir haben es getan. Wichtig für uns war immer, keinerlei peinliche Bilder zu zeigen. Aber was heisst nun das schon wieder? Welche Bilder findet unser Sohn in 16 Jahren peinlich oder eben nicht?
Auch auf meinem Blog habe ich bereits einige tolle Fotos unseres Kleinen präsentiert. Aber, um die drei Fragen von oben wieder aufzunehmen, ist das richtig? Naja, für mich als Blogger und meine Leser bestimmt. Es wirkt halt einfach lebendiger und lädt zum Lesen ein. Aber ist es auch richtig für meinen Sohn und mich als Vater? Wohl eher nein.
Deshalb werde ich in Zukunft keine Bilder von unserem kleinen Sohnemann mehr auf meinem Blog veröffentlichen. Es wird weiterhin tolle und lustige Geschichten mit ihm geben – denn wir erleben viel zusammen. Aber meine Frau und ich haben uns dafür entschieden, die Privatspähre von unserem Sohn etwas mehr zu schützen. Dies entscheiden wir ganz klar für das Kind.
Das Internet vergisst nichts
Zeigt ihr eure eigenen, alten Kinderfotos unter dem Weihnachtsbaum, auf der Wanderung oder in der Badewanne gerne all euren Freunden? Überlegt euch das mal. Vor 30 Jahren gab es noch kein Internet. Da sammelte man seine Freunde noch im papierenen Freunde-Büchlein, nicht auf Facebook. Entsprechend fanden nur richtige, reelle Freunde den Weg in dieses Buch.
Wer weiss, was in weiteren 30 Jahren sein wird. Fakt ist, dass das Internet ein unglaublich gutes Gedächtnis hat. Was mal online ist, bleibt online. Da kann man seinen Account dreimal löschen. Die Daten bleiben auf diversen Servern erhalten. Sei es „nur“ im Puffer-Speicher (Cache) von Google.
Werden die Schutzmechanismen für die Zugriffsrechte auch dann noch greifen wie heute? Werden die Konzerne, welche heute dafür verantwortlich sind, nach wie vor existieren? Gehen wir mal ruhig von einem positiven Szenario aus, das lässt uns die heutige Online-Welt etwas mehr geniessen.
Aber trotzdem. Als Erwachsener kann und darf ich über mich selbst entscheiden. Ich bin mir gewissen Gefahren bewusst und gehe mit meinen Daten im Internet mehr oder weniger sorgfältig um. Gehe ich Risiken ein, so ist das meine eigene Entscheidung. Es gibt mir jedoch niemand das Recht, die (digitale) Zukunft meines Kindes zu gefährden.
Weitere Meinungen?
Das mag jetzt etwas gar hart klingen. Wohlverstanden, ich bin kein Schwarzmaler all der Online-Dienste. Ich nutze sie tagtäglich. Aber in der digitalen Welt geht die Schere zwischen Nutzen und Sicherheit häufig weit auf – je mehr Nutzen, desto mehr Risiken. Etwas gar einfach ausgedrückt, aber bestimmt nicht falsch.
Wie geht ihr mit Informationen und Bildern eurer Kinder im Internet um? Nutzt das Kommentar-Feld und teilt mir eure Meinung mit. Lasst uns diskutieren und gegenseitig austauschen. Ein klares Richtig oder Falsch gibt es meiner Meinung nach nicht. Den für sich selbst richtigen Weg zu finden, ist hier die Kunst.
Weitere Informationen
Sucht ihr noch weitere Informationen zum Thema? Dann schaut einfach mal bei den folgenden Links vorbei.
- netzbilder.net – Bilder im Netz der Uni Basel
- Pro Juventute
- Veröffentlichung von Fotos – Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter (EDÖB)
Ach ja! Die Swiss Blog Family war den ganzen Nachmittag überaus interessant. Weitere Beiträge vom erfolgreichen ersten Treffen der Schweizer Elternbloggerszene gibt es auf Swiss Blog Family.
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vielen Dank für diesen tollen Artikel und das Auseinandersetzen mit dem Thema! Ich hoffe, Du bist an der Swiss Blog Family 2017 auch wieder dabei? 🙂
LG
Séverine
danke dir – und ja, das Datum der Swiss Blog Family ist eingetragen 🙂