Der Wahnsinn einer tiefen Autonummer
Anders wie im benachbarten Ausland werden die Autonummer in der Schweiz ganz einfach pro Kanton durchnummeriert. Je nach Kantonsgrösse führt das zu sehr hohen Nummern. Spitzenreiter ist der Kanton Zürich, welcher bald einmal die Millionengrenze knacken dürfte.
Aus mir nicht ganz ersichtlichen Gründen sehnen sich viele Autofahrer nach möglichst tiefen Nummern. Der Wunsch ist dermassen gross, dass teilweise sehr viel Geld ausgegeben wird. Denn speziell tiefe Nummern werden seit einigen Jahren nicht mehr einfach vergeben, sondern versteigert. Ja, die Schweizer wissen, wie sie zu Geld kommen. Und die dummen Autofahrer zahlen doch auch tatsächlich noch dafür.
Aber was, wenn die Autonummer plötzlich teurer ist, als das Auto selbst?
Kontrollschilder in der Schweiz
Die Autonummern wie wir sie kennen, werden seit 1933 durch die Strassenverkehrsämter der Kantone vergeben. Es besteht aus einem zweistelligen Kantonskürzel sowie einer ein- bis sechsstelligen Nummer. Je nach Grösse und Format werden noch die Wappen der Schweiz und des jeweiligen Kantons aufgebracht. Während in vielen Kantonen die Nummern noch lange reichen dürften, wird man in einigen bald einmal die Höchstnummer 999’999 erreichen. Wird man höher gehen mit der Nummer oder werden zusätzlich Buchstaben eingeführt? Wir werden sehen. Bisher werden Buchstaben nur für die Kantonsbezeichnung sowie für Sondernutzungen verwendet, wie das U für Händler (auch als Garagennummer bekannt) oder das Z als Zollschild. Nicht mehr in Gebrauch ist das V für Mietfahrzeuge. Diese erkennt man heute vielfach daran, dass sie in den Kantonen Appenzell Innerrhoden oder Waadt eingelöst sind und somit Schilder mit dem Kantonskürzel AI oder VD tragen.
Die Anfänge von Kennzeichen an Motorfahrzeugen in der Schweiz liegen Ende des 19. Jahrhunderts. 1894 schrieb der Kanton Basel-Stadt vor, dass nun auch an Motorfahrzeugen Kontrollschilder anzubringen sind. 1901 folgte der Kanton Luzern und 1902 auch der Kanton Zürich. Zwischen 1905 und 1933 gab es eine schweizweit einheitliche Regelung zur Nummernvergabe. Die Schilder waren damals in Schwarz mit weisser Schrift gehalten und trugen links das Schweizerwappen und rechts das Kantonswappen. In der Mitte stand die Nummer. Jeder Kanton hatte dafür einen festen, definierten Zahlenblock zugewiesen, wobei die Nummern für alle Kantone zwischen 1 und 9’999 lagen. Das reicht heute nicht einmal mehr für den Kanton Uri und war auch damals nicht ausreichend bei allen Kantonen. Deshalb führten einige Kantone Buchstabenanhänge ein, welche aber ebenfalls bald aufgebraucht waren. So wechselte man 1933 zum heutigen System.
Seither sind alle Nummern für Motorwagen und Anhänger in Weiss mit schwarzer Schrift gehalten, was auch deutlich schmutzresistenter ist. Spezialfahrzeuge haben teils andere Farben, so sind die Kennzeichen von Arbeitsfahrzeugen schwarz auf blau, für landschaftliche Fahrzeuge schwarz auf grün, für Kleinmotorräder schwarz auf gelb und Militärfahrzeuge tragen weiss auf schwarz. In der Schweiz werden die Kontrollschilder nicht einem bestimmten Fahrzeug zugewiesen, sondern dem Halter. Das ermöglicht es, dass man eine Nummer als Wechselschild für maximal zwei Fahrzeuge einlösen kann. Dies nutzen auch wir für unseren Personenwagen und den VW-Bus. Es versteht sich von selbst, dass man damit nicht gleichzeitig umherfahren kann, aber das ist ja genau der Sinn der Sache.
Hohe Preise für tiefe Nummern
Wenn im Kanton Zürich die Nummer 999’999 vergeben wird, wird sich auch der Finanzchef des Kantons freuen. Diese Nummer wird wohl kaum einfach gratis herausgegeben, sondern versteigert werden. Für den guten Zweck, die Kantonsfinanzen ein wenig zu entlasten. In Bern kurvt die Nummer 999’999 bereits seit 1996 über die Strassen. Dies, weil einige Kantone auch spezielle Wunschkennzeichen ausserhalb der laufenden Nummern vergeben – gegen einen gewissen Aufpreis, versteht sich.
Ob Wunschzahl, Schnappszahl oder einfach eine speziell tiefe Nummer – die Preise gehen immer weiter in die Höhe. Nachdem die Berufsfeuerwehr der Stadt St. Gallen die Nummern 1 bis 20 zurückgeben musste, brachte 2013 alleine das Schild „SG 1“ 135’000 Franken ein. Gleich teuer war 2011 die Tessiner Nummer „TI 10“. Die Walliser Nummer „VS 1“ wurde 2017 gar für 160’100 Franken versteigert. Überboten wurde dieser Preis im Februar 2018 durch das Zuger Kontrollschild „ZG 10“, welches eine Rekordsumme von 233’000 Franken erzielte – das bisher teuerste Autokennzeichen der Schweiz. Im Kanton Zürich wurde Ende März 2018 das Nummernschild „ZH 987“ für den Rekordbetrag von 152’400 Franken versteigert.
Man darf sich nun die Frage stellen, welch ein Auto man fahren muss, um eine Nummer für eine Viertelmillion Franken montieren zu können. Stellt euch mal vor, da kommt ein alter, rostender und klappriger Fiat Uno mit der schönen Nummer „ZG 10“ daher gefahren. Kann passieren, wenn man sich nach dem Nummernkauf das Traumauto nicht mehr leisten kann. Ich denke jedoch, Käufer solcher Nummern haben andere Probleme als ich und fahren doch eher im Bentley vor.
Aber was bringt einem die ach so tolle Nummer? Nun ja, nichts. Oder nein, falsch. Man kriegt ja schliesslich eine teure Rechnung und hat nun höhere Chancen von einem Nummerndiebstahl betroffen zu sein. Ist ja auch mal was, oder? Rabatt bei den Radarfallen oder bevorzugte Behandlung bei Polizeikontrollen sind dagegen eher ausgeschlossen. Also fahre ich selbst weiterhin mit meiner hohen Zürcher Nummer umher, welch ich mir nie merken kann. Wäre das der Grund an der potentiellen zukünftigen Auktion von „ZH 1“ teilzunehmen? Mal sehen…
Wunschnummer ersteigern
Wer sich nun seine Wunschnummer ersteigern möchte oder einfach interessiert ist an den unglaublichen Preisen, sollte mal auf Auktion-CH vorbeischauen. Allgemeine Informationen zu den Schweizer Kontrollschildern gibt es zudem auf Wikipedia oder kantonal bei den Strassenverkehrsämtern. Wer nur wissen möchte, wer der Halter einer bestimmten Nummer ist, wird auf Fahrzeugindex fündig, sofern die Information freigegeben ist.
Egal mit welcher Nummer – ich wünsche euch weiterhin Gute Fahrt!
Nun, der Sinn der tiefen Nummer ist einfach: die Nummern werden in der Familie vererbt. Nur in der direkten Blutllinie kann eine Nummer weitergegeben werden. Eine tiefe Nummer steht daher faktisch für Geld: die Vorfahren konnten sich bereits ein Auto leisten. Wer später kam, hat eine höhere Nummer. Und ja, Zugezogene (Ausländer) dann zumeist sehr hohe Nummern. Eine tiefe Autonummer ist daher ein Statussymbol. Es kommen nur sehr wenige Nummern überhaupt in eine Versteigerung, weil ja die Nummer vererbt wird…
Hallo Michael,
danke für deinen Kommentar. Nun ja, das Vererben sehe ich jetzt nicht als Sinn hinter der tiefen Nummer, sondern eine (je nach Kanton) mögliche Art und Weise, an eine zu kommen. Das erklärt aber nicht, weshalb viele Menschen bereit sind, extra hohe Beträge zu zahlen für eine möglichst kleine oder originelle Autonummer. Aber eben, jedem das seine. Zudem sind die Nummer heute schon viel durchmischter, denn es ist schon lange nicht mehr so, dass alle mit hohen Nummern nur Zugezogene oder Neulenker sind oder umgekehrt.
Grüsse, Stefan