Unruhestifter Kuhglocke
Ruhig steht sie da und schaut einen an. Oder sie liegt gemütlich wiederkäuend in der Wiese. Die Kuh. Sei es Erika, Fiona oder Diana. Zwei Hörner schauen empor in den Himmel und um den Hals trägt sie ihren schönsten Schmuck. Immer häufiger jedoch müssen sie auf ihre Schmuckstücke verzichten. Seien es die Hörner, weil der Bauer es so will. Oder die Glocken, weil sie zu viel Lärm machen.
Trotzdem. Ob braun, mit roten oder schwarzen Flecken oder ganz dunkel – eine Kuh präsentiert sich immer stolz. Da darf der Schmuck nicht fehlen. Hörner und Glocke gehören doch einfach zu einer vollständigen Kuh. Finde ich. Und nicht wegen ungefähr heisst es: „Wenn die Kühe schöner sind als die Bäuerin, dann ist man im Entlebuch“. Sagt man. Aber Kühe sind ja hübsche Tiere.
Aber jetzt habe ich kürzlich von der Neuen Luzerner Zeitung Online vernommen, dass einem Bauern in Wald (der Ort im Kanton Zürich, nicht der mit den vielen Bäumen) verboten wurde, seinen Kühen nachts die Glocken anzuziehen. Der Bauer ist schon seit einiger Zeit mit seinen Nachbarn im (Lärm-)Streit wegen seinen Kühen. Oder korrekter ausgedrückt wegen seinen Glocken. Oder eigentlich der Kombination davon. Denn würde er die Glocken des nachts auf die Wiese stellen, würden diese ja wohl kaum bimmeln.
Wegen des unsäglichen Glockengeläutes der Kühe, finden aber jetzt seine Nachbarn selbst bei geschlossenen Fenstern keinen Schlaf mehr. Also hat der Gemeinderat von Wald im November 2014 ein Verbot ausgesprochen. Die Kühe dürfen nachts von 22 bis 7 Uhr im Umkreis von 200 Metern des unschlafenden Ehepaares keine Glocken mehr tragen.
Der Bauer, seine Kühe und die Glocken waren damit jedoch nicht einverstanden. Die Parteien sprachen miteinander, fanden aber keine Lösung. Auch das Baurekursgericht (August 2015) sowie das Zürcher Verwaltungsgericht (Mai 2016) sehen sich von den Kuhglocken gestört und bestätigen jeweils das Kuhglocken-Trage-Verbot.
Ich selber finde, die Kühe haben ihren Schmuck verdient. Eine Kuh mit Horn sieht einfach viel mehr nach Kuh aus. Und eine mit Glocke und das dazugehörige Gebimmel ist doch einfach ländlich. Ich erinnere mich gerne an meine Kindheit. Das Fenster meines damaligen Zimmers war gerade mal 10 Meter von der Kuhweide entfernt. Da weideten die Kühe und bimmelten die Glocken. War doch einfach wunderbar! Da lässt es sich doch mit gutem Gefühl schlafen. Da muss man keine Schafe zählen. Man wird quasi von den Kuhglocken in den Schlaf gebimmelt.
Ob die Kühe von Wald in Zukunft ihre Glocken in der Nacht wirklich ablegen müssen, ist noch nicht restlos geklärt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden. Auf den Entscheid vom Bundesgericht wäre ich dann schon gespannt. Müssen dann plötzlich alle Kühe in der Schweiz ihre Glocken ablegen? Oder eben nicht?
Und vorallem. Müssen wir im Umkreis von 200 Metern von potenziell schlafenden Eheleuten oder anderweitig schlafenden Personen den Motor abschalten und leise rollend mit unserem Auto vorbeifahren? Oder müssen die Flugzeuge in besagtem nächtlichem Zeitraum ihre Triebwerke ausschalten, wenn sie auf den Flughafen Zürich anfliegen? Schliesslich fliegen die nur gerade 500 Meter über unser Hausdach hinweg. Und schlafen können wir alle trotzdem sehr gut.
Wir dürfen also gespannt sein, wie sich die Parteien mit und ohne Glocken sowie die Gerichte noch entscheiden werden. Was ist eure Meinung? Wollt ihr die Entscheide der Beteiligten noch in irgendeiner Weise beeinflussen?