Tobsuchtsanfall in der Öffentlichkeit – und wenn andere alles besser wissen
Kinder können noch so lieb, hübsch und schnügelig sein – ein Tobsuchtsanfall bringen die meisten zum Besten. Und ihre Eltern zum Verzweifeln. Ein richtiger Anfall kann man nicht einfach mal so abstellen. Der braucht ganz einfach seine Zeit und irgendwann ist es wieder vorbei. Aber eben – irgendwann.
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass dies nicht bei allen Menschen auf Verständnis stösst. So hatten wir vor einiger Zeit in einer Zürcher S-Bahn ein ziemlich demotivierendes Zusammentreffen mit einem älteren Herrn. Wir vermuten, dass er seine Kinder kaum selbst erzog – wenn er denn überhaupt welche hat.
Das positive der ganzen Situation? Die grosse Mehrheit im Abteil war schockiert und wirkte in der Folge total motivierend. Dankeschön!
Wo bleibt die Erziehung?
Wir fahren gerne und öfters mit dem öffentlichen Verkehr durch die Gegend. Sei es mit dem Bus, dem Tram in der Stadt oder eben mit dem Zug der Zürcher S-Bahn. Diese Kompositionen sind alle mit Doppelstockwaggons ausgerüstet und stellen einem also bereits beim Einsteigen die Frage „oben oder unten“? Simpel und kein Problem, denkt ihr. Naja, mit Kind kann das ganz schnell zu einem grösseren Problem werden. Zu Beginn ist alles ganz easy, das Kind will unten sitzen. Kaum durch die Türe, will es dann aber doch hoch in die zweite Etage. Ok, kurzes umsteuern, und schon ist man oben.
Der Zug fährt los und es folgt, was folgen muss. Das Kind will jetzt nämlich doch wieder runter. Aber nein, Eltern sollten sich nicht an der Nase rumführen lassen. Deshalb bleiben wir oben sitzen. Bei Kindern im Trotzalter kann die Quittung für diese Konsequenz nun aber ganz teuer werden. Sämtliche Mitreisenden dürfen nun ein Tobsuchtsanfall der allerschönsten Sorte miterleben.
Ja, an einem schreienden Kind im Zugabteil hat wohl niemand so direkt die grösste Freude. Aber trotzdem, wir haben ein Ticket und Wutanfälle gehören nunmal zum Leben mit dazu. Basta. Ein älterer Herr sieht das ein wenig anders und wendet sich beim Aussteigen an der nächsten Haltestelle an uns Eltern mit folgender Aussage:
„Und wann fängt bei diesem Kind die Erziehung an?“
Wow! Da waren wir erst einmal baff. Und im Nachhinein betrachtet leider viel zu wenig schlagkräftig. Das einzige, wozu wir noch im Stande waren, war saublöd in die Gegend zu starren. Wir brachten auf diese Äusserung ganz einfach kein einziges Wort mehr heraus.
Das ist Erziehung!
Aber, mein lieber Herr:
„Das ist Erziehung!“
Ohne wenn und aber. Trotzanfälle sind unglaublich nervig, aber für unsere Kinder unverzichtbar. Manche trotzen mehr, andere weniger. Aber alle tun es auf ihre Art und Weise. Im trotzenden Alter wird der Grundstein gelegt für das Erwachsensein und das Verhalten in der Gesellschaft. Dies ist wichtig, damit sie sich später an Regeln halten können, ihre Gefühle im Griff haben und wie sie mit Stress oder Frust umgehen werden. Die Kinder machen in diesem Alter sehr grosse Entwicklungsschritte, welche sie sich teilweise hart erlernen müssen.
Was tun also bei einem Trotzanfall? Nun ja, erst einmal möglichst wenig. Für das Kind da sein, so schwer das in manchen Momenten sein mag. Aber ganz sicher niemals nachgeben. Gibt man nach, so weiss das Kind, dass es bekommt, was es will, wenn es nur genügend schreit. Genau deshalb ist es auch Erziehung, wenn man das Kind mal schreien lässt. Und glaubt mir, als Mutter oder Vater weiss man, wann man das Kind schreien lassen kann (und soll) und wann nicht.
Viel Verständnis
Im Grunde ist es tragisch, wie einem die Reaktion eines einzigen Mensch im Zug den Tag versauen kann. Die gemachte Aussage nahmen wir uns ganz stark zu Herzen, vielleicht sogar zu sehr. Gerade deshalb ist es mir ein Anliegen, zu erwähnen, dass die grosse Mehrheit (also alle anderen) mit vollstem Verständnis reagierten. Im Gegenteil selbst schockiert waren über die Aussage des älteren Herrn.
Es gab viele tröstende und zusprechende Worte und dafür möchten wir uns einfach nur bedanken. Ein anderer Herr schenkte unserem Kleinen sogar was kleines. Trotzanfälle sind nicht einfach, weder für das Kind noch die Eltern. Aber sie gehören zum grosswerden dazu und gehen wieder vorbei. Und gemessen an der gesamten Zeit des Tages machen die Wutanfälle einen vernichtend kleinen Anteil aus – meist sind unsere Kinder tatsächlich lieb, hübsch und schnügelig.

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