Sebastian Fitzek: Wenn die Eltern ihre Kinder auf die Reisen des Leben loslassen
Was würden wir unseren Kindern für das Leben mitgeben, wenn uns Eltern nicht mehr viel Zeit bliebe? Diese Frage stellte sich Vater und Autor Sebastian Fitzek. Seine Antworten schrieb er in seinem neusten Werk nieder.
Es ist ein sehr persönliches Buch. Beim Lesen kam ich mir zeitweise etwas fehl am Platz vor, als ob ich im Wohnzimmer der Familie Fitzek stehen würde. Dennoch entdeckte ich mich selbst und meine Gedanken immer wieder von neuem. Und ja, zum grossen Teil möchte ich meinem Sohn die gleichen Zutaten in seinen Lebensrucksack packen. Spannend waren jedoch auch die Überlegungen, wie mein eigener Rucksack für mein Leben so gepackt wurde und wie dieser aktuell aussieht.
Wertvolle und spannende Gedanken für uns Eltern, unsere Kinder, aber im Grunde einfach für alle. Und unterhaltsam ist das Buch noch dazu.
Der Berliner Sebastian Fitzek ist einer der erfolgreichsten deutschen Thriller-Autoren. Aber er ist auch, nein falsch, er ist in erster Linie, Vater. So wie ich und viele andere Männer auch. Er lebt zusammen mit seiner Frau Sandra und den drei Kindern im tollen bis trotzigen Vorschulalter in Berlin. In einem Haus, welches der Autor so ungefähr zweimal zuviel sanierte, ehe er es doch komplett neu aufbaute. Doch war er nicht immer ein erfolgreicher Bestseller-Autor und seine Bedürfnisse an das Haus entsprachen in den Anfängen nicht jenen einer fünfköpfigen Familie.
Hoffentlich werden David, Felix und Charlotte diese Seiten hier erst in vielen, vielen Jahren und in meinem Beisein lesen. Hoffentlich ist das hier nur die Feuerversicherung, die man nie braucht, es sei denn, man hat vergessen, sie abzuschließen.
Diese Anekdote ist eine von vielen aus dem Leben von Sebastian Fitzek in seinem neusten Buch Fische, die auf Bäume klettern. Es ist sein ganz persönliches Vermächtnis an seine drei Kinder David, Felix und Charlotte. Mit seinen Worten möchte er den drei seine Werte des Lebens mitgeben. Es ist der Versuch, die Kinder auf ihre ganz eigene Reise durch ihr Leben vorzubereiten und es hilft uns Erwachsenen, uns mal wieder ein paar Gedanken zu machen über unsere Reise. Hatten wir (zu) viele Turbulenzen? Haben wir unsere Reise selbst geplant und vor allem gestaltet? Oder sind wir blind den Wegweisern gefolgt, die andere für uns aufgestellt haben?
Es ist kein Reiseführer und beinhaltet keine Ratschläge, an die sich die junge Generation der Fitzeks einmal halten muss. Oder soll. Ganz im Gegenteil. Für die Reise namens Leben gibt es keine Reiseführer. Und wenn doch, dann existiert ganz genau ein Exemplar mit sich immer wieder ändernden neuen Auflagen. Diesen Reiseführer kann nur von jemandem geführt werden – von jedem selbst. So auch von unseren Kindern für ihre Lebensreise. Sie sollen ihre Reiseroute selbst wählen. Selbstverständlich mit der notwendigen Unterstützung ihrer Nächsten, in erster Linie der Eltern. Aber sie sollen Spass haben auf ihren Reisen und nicht einfach Dinge tun, nur weil es andere gesagt haben.
Setzt euch eigene Ziele und keine fremden.
Im Buch erzählt Sebastian Fitzek vieles und kommt doch immer wieder auf die gleichen Punkte zurück. Im Zentrum steht eine Checkliste bestehend aus folgenden drei Fragen:
- Beschädigt es eure Gesundheit?
- Kostet es euch die Freiheit?
- Schadet es jemand anderem?
Stehen wir vor einer Entscheidung in unserem Leben, so sind diese drei Punkte zentral. Können wir diese drei Fragen alle mit Ja beantworten, so können und sollen wir den in Frage gestellten Reiseweg einschlagen. Es geht nicht darum, dass unser Vater mit stolz geschwellter Brust am Stammtisch von unserer angetretenen Lehre beim ebenfalls am Stammtisch sitzenden Dorf-Elektriker prahlen kann. Oder dass wir ach so herzig aussehend unsere Hochzeit nach den Vorstellungen der geladenen und nicht geladenen Gäste feiern. Oder dass wir für immer und ewig unserer Heimat(-gemeinde) treu bleiben, nur weil alle so viel Freude haben, dass wir uns im Dorfleben ach so gut engagieren. Und dies, obwohl unsere grosse Liebe unglaubliche 50 Kilometer weit entfernt aufgewachsen ist – für Schweizer Verhältnisse von Landbewohnern kann das durchaus eine halbe Weltreise sein.
Lebt nicht das Leben anderer.
Ich hoffe, ich kann meinem Sohn einmal ein dermassen guter Vater sein, dass ich ihn nicht auf Reisewege lotse, die er selbst nicht gehen möchte. Und doch möchte ich ihm helfend zur Seite stehen, wenn es mal auf einem Weg holpert, anderswo eine Barriere nicht aufzukriegen ist oder er sich nicht zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden kann. So wie etwa meine Schwiegermutter, als sie vor doch schon einigen Jahren meiner heutigen Frau den Tipp gab, sie solle doch für ein Englischaufenthalt nach Kanada anstatt nach England. Dies, obwohl sie als Mutter ihre Tochter wohl am liebsten gar nicht hätte gehen lassen wollen. Ach ja, der Grund für Kanada? Ganz einfach, es gab da so hübsche Bärenfotos. Der Tipp war im Nachhinein betrachtet Gold wert.
Macht so viele Reisen wie möglich.
Ich selbst hatte früher so meine Mühe, meine Reisen aus eigenem Antrieb anzugehen und folgte häufig von anderen gestellten Wegweisern. Mit dem Alter und gewachsenem Selbstbewusstsein fing ich immer mehr an, meinen Reiseführer selbst zu gestalten. So wohne ich heute tatsächlich satte 50 Kilometer von meinem Heimatdorf weg – und liebe mein Leben, wie es heute ist. Auch war ich beruflich nicht immer sicher, ob ich mit meiner Lehre als Elektroniker das richtige getan habe. Aus heutiger Sicht kann ich jedoch sagen, dass ich dennoch einiges erreicht habe und mich mein heutiger Job als Software-Entwickler auch aufgrund der Arbeitsbedingungen in unserer Firma vollends erfüllt und glücklich macht.
Nehmt nie das Leben anderer zum Massstab, sondern lebt euer eigenes.
Nun, ich bin vom Buch abgeschweift, nicht jedoch vom Thema. Auch wenn ich oben von der Reise namens Leben schrieb, so besteht das Leben aus ganz vielen Reisen. Das Leben ist aus meiner Sicht einfach die ganz grosse Reise, bestehend aus vielen kleineren. Ich stelle mir das so vor wie eine Landkarte mit ganz vielen Wegen. Mal sind sie schön geteert, mal ist es eine Schotterstrasse. Immer wieder kommen Hindernisse, manche kann man öffnen oder umgehen, bei anderen muss man vielleicht an die letzte Kreuzung zurück. An eben diesen Kreuzungen muss man stark auf sich selbst hören, denn überall gibt es jemanden (oder meist mehrere), die einen auf eine bestimmte Reise drängen wollen.
Macht euch nicht kleiner, weil andere sich dadurch besser fühlen könnten.
Lasst das nicht zu und zwingt auch eure Kinder nicht in bestimmte Bahnen, nur weil ihr es so toll findet. Klar, mich freut es heute, dass unser Kleiner so gerne draussen ist und sich viel bewegt. Die aktuelle Krönung ist, dass er sich freut mit mir mal wieder an einem Laufanlass zu starten. Oder Musik. Ich spielte früher Trompete, meine Frau spielt Klarinette in der Musikgesellschaft unseres Dorfes. So machen wir uns den Spass daraus, was unser Sohn mal spielen wird – Blech oder Holz? Aber natürlich wissen wir nicht, ob er überhaupt mal ein Musikinstrument lernen möchte. Das weiss nur er selbst, wenn es so weit ist.
Vergleicht euch nicht mit anderen!
Vergleiche sind der sichere Weg ins Unglück.
Unser Sohn soll seine Reisen mal selbst und aus eigenem Willen in Angriff nehmen. Dennoch beeinflussen wir ihn natürlich nur schon durch unsere Interessen. Es ist jedoch ein Unterschied, ob man die eigenen Vorlieben (Wertvorstellungen, Hobbys, Beruf) positiv weitergibt oder ob man sie aufdrängt, indem das Kind beispielsweise zwingend ein Musikinstrument lernen muss oder bis 16 Jahre gezwungen wird, in den Turnverein zu gehen.
Ein Traum ist nicht das Ziel.
Er ist der Treibstoff für die Reisen eures Lebens!
Schon wieder abgeschweift… also kommen wir langsam zum Schluss. Sebastian Fitzek hat meines Erachtens ein wirklich tolles Buch geschrieben. Ein sehr persönliches, was man beim Lesen stark spürt. Der Text ist an seine Kinder gerichtet und nicht an den Leser. So kam es mir manchmal vor, als ob ich hier etwas verbotenes täte und unerlaubterweise einen intimen Brief von jemandem lese. Aber nein, alle Leser, die das Buch kaufen oder ausleihen haben durchaus die Berechtigung, die Worte der Familie Fitzek zu lesen.
Findet eure Stärken.
Kennt eure Schwächen.
Zudem wird es wohl das erste Buch von Sebastian Fitzek, das nun auch meine Frau lesen wird. Sie reagierte mit viel positiver Neugier, als ich ihr davon erzählte. Anders sieht es bei den üblichen Thrillern aus, welches nunmal überhaupt nicht ihr Geschmack ist. Meiner jedoch schon. Bevor ich erneut irgendwohin abschweife, wünsche ich gute Reisen. Tut etwas. Lest das Buch. Und werdet zu Fischen, die auf Bäume klettern.
Jeder ist ein Genie.
Albert Einstein
Aber wenn du einen Fisch danach beurteilst,
ob er auf einen Baum klettern kann,
wird er sein ganzes Leben glauben,
dass er dumm ist.
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