Schweizer Mundart-Sound – ond es fägt!
Das kleine Alpenland Schweiz kennt nicht nur Alphorn und Schwyzerörgeli. Nein, die Schweiz verfügt über eine bunte, eigene Musikszene. Allen voran, die Musik, welche ausschliesslich in der deutschsprachigen Schweiz korrekt verstanden wird. Die Texte werden geschrieben und gesungen, wie uns eben der Schnabel gewachsen ist – in Mundart.
Der Mundartrock gehört auch bei mir zur am häufigsten gehörten Musik – nebst dem Standard-Mix aus Pop und Rock, welcher tagtäglich im Radio läuft. Es ist einfach cooler Sound, welcher landauf landab begeistert. Nicht alle geben es zu, aber die meisten aus Stadt und Land hören die Musik. Anders wäre der grosse Erfolg des Schweizer Mundart-Sound kaum zu erklären.
Die Schweiz zählt rund 8,5 Millionen Einwohner, wovon etwa zwei Drittel deutschsprachig sind, also gegen sechs Millionen Schweizer. Das wäre dann gleich mal der grösstmögliche Markt für die Schweizer Mundartmusik-Szene. Wenn wir mal bedenken, dass Deutschland über 80 Millionen Einwohner zählt, zeigt sich hier durchaus ein kleiner, aber feiner Unterschied, was die Möglichkeiten angeht.
Heimatsound rockt das Land
Und trotzdem ist und bleibt Mundart in der heimatlichen Musikbranche äusserst erfolgreich. Immer wieder preschen neue Künstler und Bands hervor, welche mit ihrem eigenen Dialekt grosse Erfolge feiern. So steht einer der zurzeit erfolgreichsten Musiker der Schweiz zu seiner Heimat, wie kein anderer. Der selbsternannte Alpentainer Trauffer startete mit seinem neuen Album Schnupf, Schnaps & Edelwyss direkt auf Platz 1 der Schweizer Hitparade und verweilte dort sechs Wochen. Vor kurzem erhielt er für eben dieses Album Gold und Platin sowie dreifaches Platin für das vorige Album Heiterefahne. Am 23. November 2018 rockt er zudem das Hallenstadion in Zürich – würde mich erstaunen, wenn dieses nicht ausverkauft wäre.
Die neusten Lieder nahm Trauffer mit seiner Band nicht in irgendeinem Kellerstudio auf. Die Musiker zogen dafür mitsamt Aufnahmestudio gemeinsam auf eine Alp im Berner Oberland und studierten dort sämtliche Songs ein. Die Zeit auf der Alp kann man im sehenswerten Film vom Schweizer Fernsehen „SRF bi de Lüt – Heimatsound“: Trauffers Alpenträume nochmals nacherleben. Sogar der Videoclip zum ersten Hit der Auswahl entstand auf dieser Alp – passend zum Titel Geissepeter. Die Kühe waren bereits im Tal, genauso wie die Holzkühe von Trauffer selbst. Für den Sänger ist die Musik sein Hobby, auch wenn man das ob des grossen Erfolges kaum mehr glauben kann. Hauptberuflich führt er die Familienfirma der Trauffer Holzspielwaren in Hofstetten bei Brienz. Er hat also überhaupt keine Müeh met de Chüeh, auch wenn dies einer seiner ersten grossen Hits war. Mehr zu den tollen Holzspielwaren und den bekannten Holzkühen von Trauffer erfahrt ihr in meinem Beitrag Dä mid de Chüeh – Trauffer Holzspielwaren vom Februar 2017.
Berner prägen die Mundartszene
Längst sind es nicht mehr nur Berner, welche erfolgreiche und gute Mundartmusik produzieren. Geprägt wurde diese aber dennoch lange von Bands mit dem einfach smypathischen Bener Dialekt. Unvergessen bleiben die Texte des Liedermachers Mani Matter aus den 1960er Jahren. Hemmige, I han es Zündhölzli azündt oder, mein ganz persönlicher Favorit, Dr Alpeflug. Seine Lieder laufen auch heute noch regelmässig im Radio, besonders Dr Alpeflug höre ich immer wieder gerne. Er gilt als einer der Wegbereiter der Mundartmusik. Mani Matter kam 1972 im Alter von nur 36 Jahren bei einem Autounfall ums Leben.
Als Vater des Mundartrocks gilt jedoch noch immer der unvergessliche Polo Hofer, welcher im Juli 2017 verstarb. Für die Ewigkeit geschrieben sind seine Songs. 2006 wurde Alperose vom Schweizer Fernsehen zum grössten Schweizer Hit gekürt. Dieser Song schrieb Polo Hofer gemeinsam mit Hanery Amman, welcher im Dezember 2017 verstarb. Ich selbst durfte Polo Hofer zu seinen besten Zeiten mit der Schmetterband einige Male live erleben. So auch am damaligen Open Air in meinem Heimatort Eschenbach und im Stadtkeller in Luzern. In meinem Beitrag Im letschte Tram: In Erinnerung an Polo Hofer vom Juli 2017 könnt ihr nochmals auf seine grössten Hits zurück blicken.
Ein weiterer ganz grosser Schweizer Liedermacher und ebenfalls Berner ist Peter Reber. Er reiste mit Frau, Kind und Segelboot um die ganze Welt und schrieb umgeben vom blauen Meer viele Hits. Häufig geprägt vom Fernweh – wie auch das Lied Jede bruucht sy Insel, eines meiner liebsten Lieder von Peter Reber. Den Schweizer Mundartrock peppte um die Jahrtausendwende ein ganz besonderer Sänger auf. Gölä war und ist ein einfacher Arbeiter und kam beim Schweizer Publikum äusserst gut an. Er nahm kein Blatt vor den Mund und sagte geradeheraus seine Meinung. Leider war er nicht gemacht für das harte Showbusiness – er wollte einfach nur Musik machen. So trat er zwischenzeitlich immer mal wieder zurück. Es gibt wieder neue CDs, aber an die Erfolge seiner Anfänge konnte er nie mehr anknüpfen. Aber seine grössten Hits wie Schwan, Büetzer oder Uf u dervo bleiben uns ewig erhalten. Unvergessen bleibt für mich ein Konzert während meiner Rekrutenschule in Payerne im Sommer 1999 – notabene ein Gratis-Open-Air-Konzert.
Grosse Hits aus der Mundart-Plattenküche
Weitere Berner wie Span, Stiller Has, Plüsch, Florian Ast, Züri West und Patent Ochsner prägen teils bis heute die Schweizer Musikszene. Insbesondere Patent Ochsner mit ihrem Frontmann Büne Huber bringen immer wieder saustarke Songs heraus. Meine Favoriten der coolen Band sind Fischer aus dem Jahre 1993 sowie Ausklaar von 2015. Ein ganz grosser Schweizer Hit stammt von der Schwyzer Band Mash, welche ihre grössten Erfolge in den 1990er Jahren feierten. Der Sänger der Band, Padi Bernhard, schrieb 1995 für seine damalige Freundin mit Ewigi Liäbi eine wunderschöne Liebeserklärung. Der Song wurde jedoch erst im Jahr 2000 veröffentlicht, als er es geradeso noch auf das Album mit dem Titel nidvobärn schaffte. Obwohl niemand an einen Erfolg glaubte, wollten die Leute gerade dieses Lied immer wieder hören und so mutierte es zum wohl grössten Mash-Erfolg überhaupt. Es gibt heute kaum eine Hochzeit, an der dieses Lied nicht gespielt wird.
Eine ganz tolle Sängerin stammt aus Gampel im Kanton Wallis. Sina begeistert mit ihrer sympathischen Art und dem etwas eigenen Walliser Dialekt. Seit den 1980er Jahren feiert sie bis heute immer wieder grosse Erfolge. So etwa mit den Singles Hinnär diär, Ich schwöru mit Büne Huber oder das von Polo Hofer arrangierte Cover Där Sohn vom Pfarrer. Tolle Lieder kommen auch aus dem Aargau. Der Sänger und Songschreiber Adrian Stern wuchs in Baden auf und begeistert mit Hits wie Ha nur welle wüsse…, Lieber Lieder und Amerika. Und natürlich noch vielen mehr.
Mundart ist und bleibt In
Viele mehr gibt es auch bezüglich Schweizer Mundart-Künstler. Bligg, Lo & Leduc, Baschi, Natacha, Sandee – um nur noch einige wenige zu nennen. Ganz besonders gerne höre ich zurzeit den Song Kawasaki von Hecht. Immer wieder eine Freude, wenn dieses Lied im Radio läuft auf dem Weg zur Arbeit – oder noch besser, in den Feierabend.
Die jungen Künstler vom Hier und Jetzt zeigen – Mundart ist noch lange nicht veraltet. Es ist beliebt wie eh und je und begeistert das ganze Land. Oder sagen wir mal die zwei Drittel, welche die deutsche Mundart beherrschen und entsprechend mitsingen können. Auch wenn wir von grossen Künstlern wie Polo Hofer bereits Abschied nehmen mussten – die Musik bleibt und lebt weiter. Freuen wir uns auf viele neue tolle Mundart-Hits.
Das esches gsi, Tschou zäme.
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