Anja Berger: Schwarz-Weiss-Grau – Das Böse kennt alle Farben
Schwarz. Die Farbe des Bösen. Weiss. Die Farbe für die Unbekümmertheit des Lebens. Grau. Leben trifft auf den Tod. Am Schluss? Da finden die Farben zusammen. Das Böse spielt in allen Farben und letztendlich trifft das Schwarze auf das Weisse.
Die Schweiz mit den idyllischen Alpen und dem Inbegriff eines friedlichen Lebens wird Schauplatz eines brutalen Thrillers. Das Schwarze zieht sich von Basel bis ins Bündnerland. Unvorstellbar, dass solch ein Fall vor unserer Haustür geschehen könnte. Aber wieso nicht? Anja Berger ist mit Die Farben des Bösen ein überraschend guter und überaus spannender Thriller gelungen.
Alles beginnt mit einem Wochenende in einer Hütte in den Bergern. Vier Jugendliche wollen ein paar ungezuwungene Stunden verbringen. Eva und Sam stehen auf der Terrasse, als Melissa in der Küche mit Feuer und Gas die Hütte zur Explosion bringt – beobachtet vom vierten Teenager der Runde.
Ihre Augen flehten ihn an, ihr zu verzeihen.
Da begriff er.
Gas.
Aber es war zu spät.
Das Streichholz entflammte.
Und auf einmal verschwand alles in einem riesigen Feuerball.
Ein tragisches Ende eines unbekümmerten Ausfluges bildet der Anfang einer tragischen Geschichte. Insbesondere jemand kann dieses Wochenende nicht vergessen und sinnt auf Rache. Die Wege trennen sich aber auch für alle anderen Beteiligten. Bis Eva eines trinkseeligen Abends in einer Bar auf Sam trifft.
Weiss
Eva ist mit ihrer Freundin Tanja im Ausgang auf Männerschau. Es geht feuchtfröhlich zu und her. doch plötzlich steht sie ihrem Jugendfreund Sam gegenüber. Seit dem Unfall auf der Hütte haben sie sich nicht mehr gesehen. Die Freude ist nicht gross bei Eva. Sie macht Sam grosse Vorwürfe, dass er damals einfach abgehauen ist.
Auch Tanja und Evas Bruder Chris gehörten damals zur Clique, waren jedoch an besagtem tragischen Wochenende nicht mit dabei. Nun lädt Chris Eva zu ein paar Ferientagen ein. Eva will erst nicht, fährt dann aber doch mit, da nun auch ihre Freundin Tanja mitkommt. Grund und Ziel der Reise verrät Chris nicht. Es geht in die Berge in ein Luxushotel, dessen Manager ein alter Bekannter der drei ist – Sam. Nicht gerade zur Freude von Eva.
Gedankenverloren rieb sich Eva über ihren linken Knöchel. Dort, wo die vernarbte Brandwunde sass.
„Hast du Serge jemals besucht?“
Eva sah auf. Einen Wimpernschlag lang wusste sie nicht, wo sie sich befand. „Ich …“, setzte sie an und brach ab.
„Nein“, meinte sie schliesslich traurig. „Nein. Ich habe ihn niemals wiedergesehen.“
Finden die beiden den Draht wieder zueineander? Die Vorbehalte Evas gegenüber Sam scheinen zu gross zu sein. Und Eva schwebt in grosser Gefahr, auch wenn sie sich dessen kaum bewusst ist. Als das Böse den Weg in die Berge findet, findet sie auch die Nähe zu Sam wieder. Ist es noch rechtzeitig – oder schon zu spät?
Grau
An völlig unterschiedlichen Orten über die halbe Schweiz verteilt werden Körperteile von Frauen gefunden. Ohne böses du denken, treffen unterschiedliche Personen in ihrem ganz normalen Alltag auf die grausigen Funde. Ein Kopf, ein Arm in der Landwirtschaftsmaschine, eine Hand von der Krähe davongetragen oder plötzlich auch ganze Körper. So trifft ein älteres Ehepaar in ihrem Schrebergarten auf eine nicht wünschenswerte Vogelscheuche.
Franz schnaubte. Die Krähe schreckte hoch. Mit kräftigem Flügelschlag trug sie ihre Errungenschaft in die Lüfte.
Franz sah ihr nach. Er schüttelte ungläubig den Kopf.
Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er das Ding für den Teil einer Hand gehalten.
Nach und nach platziert der Mörder die Leiche der Frauen mit den jeweils fehlenden Körperteilen an bestimmten Orten. Aber gibt es ein Muster dahinter? Die Ermittler der Polizei tappen im Dunkeln. Sie werden immer wieder an neue Fundorte gerufen, haben jedoch keine Ahnung, wie sie das Puzzle lösen können. Auf das Raten des etwas scheuen Polizisten Johann integriert der Chef Weber auch die Sekretärin Jenny in die engeren Ermittlungen.
Schwarz
Mit weissen Karten lädt er ausgewählte Frauen zu Blinddates ein und nimmt diese im Anschluss gefangen. Er foltert sie über teils sehr lange Zeit auf das übelste. Der Leser bekommt seine Taten direkt aus der Sicht des Täters mit, was diese Szenen noch um einiges brutaler machen. So grausam seine Foltermethoden aber auch sind, es fesselt im Gegenzug den Leser noch vielmehr an das Buch und die Geschichte.
Er datete Frauen. Doch nur ganz bestimmte. Machte sie glücklich.
Dann brachte er sie um.
Er war ein Erlöser. Ein Befreier der von der Liebe Gequälten.
Und wann würde er endlich befreit?
Bald. Sehr bald. Seine Gedanken kehrten in den dunklen Raum zurück.
So wünschte ich den Ermittlern, doch endlich einmal eine Gemeinsamkeit zu finden. Irgendwas! Kommt dem brutalen Frauenmörder doch bitteschön auf die Spur. Aber nichts geschieht. Schier unauffindbar macht das Böse weiter. Niemand scheint fähig, ihm auf die Spur zu kommen. Bis Eva in seine Fänge gerät.
Brutal, spannend und flüssig zu lesen
Soweit ich mich erinnern kann, war dies mein allererster Schweizer Thriller. Ein Genre, welches ich irgendwie stehts Nordamerika zuordnete. In der Schweiz spielen mehrheitlich Kriminalromane. Spannende Fälle aus den Federn von Gabriela Kasperski, Petra Ivanov, Michael Theurillat oder jüngst Sunil Mann. Aber ein Psychothriller? Ich war gespannt. Und wurde sehr positiv überrascht!
Die Vorstellung von verstümmelten Frauenleichen zwischen Basel und Graubünden. Wohl noch vor der eigenen Haustür. Ja, die war nicht gerade berauschend. Das Buch jedoch – die Geschichte – die zog ich in einem Rausch in mich rein. Mir passte der Schreibstil von Anja Berger einfach. Das Buch ist flüssig zu lesen und ich fand mich sehr schnell in der Geschichte drin wieder.
Angetan beobachtete er ihre leidenschaftlichen Versuche, sich gegen seine Attacken zu wehren. Sich seiner Macht zu entziehen.
Nicht jedoch als das Böse. Als der Mörder. Das Schwarze. Nein. Ich fieberte vielmehr mit den vier Jugendfreunden mit – allen voran Eva. Dass die Gefahr endlich ein Ende nimmt. Der Täter gefasst wird. Und nicht zuletzt Eva wieder einen freundschaftlichen Draht findet zu Sam.
Das Buch ist gegliedert in die Farben Schwarz, Weiss und Grau. Sinnbildlich für das Böse, die drei Freunde und die Ermittler. Im Vordergrund der Geschichte stehen jedoch für einmal nicht die Kriminaler der Polizei. Im Mittelpunkt stehen ganz besonders Eva und das Böse. Der Täter. Dieser bleibt jedoch bis kurz vor Schluss ein Phantom. Es ist lange nicht klar, wer der Mörder ist. Zumindest nicht, wessen Person er in der Gegenwart verkörpert.
Sie hatte ihn verhöhnt. Verspottet. Schon wieder! Damals wie heute wurde er gepeinigt.
Ihretwegen.
Am Ende treffen sich die drei Handlungsstränge zum grossen Finale. So kitschig es nun klingen mag, so real ist es in der Geschichte. Zum Schluss finden sich die Freunde zurückversetzt in ihrer Jugendzeit. Beim grossen Unglück in der Berghütte, als sie sich zuletzt gesehen hatten. Doch wie wird es diesmal ausgehen?
Anja Berger und ihre Werke
Anja Berger wurde 1983 in Basel geboren und wuchs im Kanton Baselland auf, wo sie zur Schule ging und eine kaufmännische Ausbildung absolvierte. Wenn sie nicht gerade an einem neuen Thriller schreibt, arbeitet Anja Berger in einer Basler Anwaltskanzlei.
Die Farben des Bösen bringen auch Farbe in die Verlagswelt der Bücher von Droemer/Knaur. Es ist das vierte Buch von Anja Berger, jedoch das erste, welches bei Droemer/Knaur als E-Book und als Taschenbuch erscheint. Nicht jedoch das letzte. Mit Spieglein, Spieglein erschien 2016 der bisher neuste Psychothriller von Anja Berger und steht nun somit auf meiner Liste der zu lesenden Bücher.
Die Geschichten sind voneinander unabhängig und können in beliebiger Reihenfolge verschlungen werden. Ich habe mit Die Farben des Bösen begonnen und werde bestimmt auch noch die übrigens Thriller lesen. Folgende Bücher von Anja Berger sind bisher erschienen.
- Spieglein, Spieglein. Droemer/Knaur, 2016.
- Die Farben des Bösen. Droemer/Knaur, 2014.
- Unscheinbar. neobooks, 2013.
- Wenn die Wahrheit nicht ruht. 2011.
- Wenn nichts mehr ist, wie es war. 2011.
Die Farben des Bösen von Anja Berger erschien 2014 bei Droemer/Knaur.
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