Maultaschen im Klosterdorf Maulbronn
Es gibt Reiseziele, da muss einen erst einmal der Zufall hinführen. So erging es mir vor kurzem mit der Stadt Maulbronn. Kernstück der 6’500-Seelen-Stadt ist die von einer Mauer umgebenen Klosteranlage. Das Kloster Maulbronn gilt als die am besten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage nördlich der Alpen und ist seit 1993 UNESCO-Weltkulturerbe.
Ins schmucke Städtchen lockt einen nebst den gut erhaltenen Gebäuden aus früher Zeit auch der kulinarische Genuss. Sei es der Glühwein nach der Klosterführung oder das Degustationsmenu mit drei Gängen und fünf Weinen. Nicht fehlen dürfen freilich die Maultaschen. Oder wie man auch sagt, die Herrgottsb‘scheisserle.
Ehrlich gesagt, stand Maulbronn bei mir nicht gerade in den Top Ten meiner nächsten Reiseziele. Aber wie das Arbeitsleben so spielt, zog uns ein Teamevent in diese kleine deutsche Stadt. In die Pampa Deutschlands. Eine knappe Auto-Stunde nordwestlich von Stuttgart. Knapp drei Stunden von unserem Schweizer Büro. Wieso nur fahren wir für diesen Anlass irgendwo ins Nirgendwo?
Ja, ich gebe es zu. Das und so ähnliches waren meine Gedanken. Aber das war vorher. Vor dem Besuch von Maulbronn. Jetzt könnte ich mir durchaus einen privaten Reisestopp in der Klosterstadt bei Pforzheim vorstellen. Eine Rundreise mit Stuttgart, Heidelberg, Strassburg und eben Maulbronn. Das klingt doch spannend, oder etwa nicht? Weitere Tipps für diese Region nehme ich gerne entgegen.
Klosterführung bei Kerzenschein
Wir waren zwar zum Arbeiten in Maulbronn. Selbstverständlich waren aber auch teambildende Massnahmen auf dem Programm. Beispielsweise die Klosterführung am frühen Abend. Bei Kerzenschein und mit Glühwein. Das klingt schon mal sehr gut. Die Führung selbst hielt dieses Versprechen dann auch vollumfänglich.
Das Kloster lässt die mittelalterliche Welt der Mönche lebendig werden.
Die liebe Dame, welche uns durch das Kloster führte, redete sehr gerne und wusste vorallem sehr viel. Und wir lauschten ihr entsprechend mit grossem Interesse. Beeindruckend war auch die Atmosphäre. Der Weg wurde uns in der aufkommenden Dunkelheit nur durch Kerzenschein geleuchtet. Und es war bitterkalt in den alten Gemäuern. Kaum vorzustellen, wie die Mönche im 12. Jahrhundert hier gelebt haben.
Wohl verdient wärmten wir uns im Anschluss mit Glühwein wieder auf. Mindestens drei sollten es sein – einer für das linke Bein, einer für das rechte Bein sowie einer für die Nase. Aber naja, hätten wir alle tatsächlich drei Glühwein getrunken, so hätte es bei weitem nicht genug gehabt. Und mir wären locker noch Gründe eingefallen für weitere Tassen. Aber lecker war er, der Glühwein.
Weltkulturerbe der UNESCO
Das Zisterzienserkloster Maulbronn wurde im 12. Jahrhundert gegründet. Die Zeit des strengen Klosterordens war jedoch bereits anfang des 16. Jahrhunderts wieder vorbei. 1504 belagerte Herzog Ulrich von Württemberg das Kloster. Nach sieben Tagen gaben die Klosterbewohner dem Druck der Belagerung nach. Im Laufe der Jahre kehrt der Orden wieder zurück. Doch im Laufe der Reformation im 16. Jahrhundert wurde das Herzogtum Württemberg protestantisch und die Mönche waren nicht mehr länger geduldet. Noch heute ist die Region mehrheitlich reformiert.
Kloster Maulbronn gilt als die am vollständigsten erhaltene mittelalterliche Klosteranlage der Zisterzienser nördlich der Alpen.
Im Jahre 1556 errichtet Herzog Christoph von Württemberg eine evangelische Klosterschule. Heute ist im Kloster Maulbronn ein staatliches Gymnasium mit Internat. Rund 100 Schülerinnen und Schüler besuchen hier die 9. bis 12. Klasse. Die Räumlichkeiten der Schule befinden sich mehrheitilch im Obergeschoss des Klosters. Im Erdgeschoss sind nebst der Kirche Räume, welche für verschiedene Anlässe verwendet werden. Viele Räume sind jedoch ohne Nutzung. Das Kloster ist für Besucher geöffnet und kann täglich besichtigt werden.
Erhaltene Schätze aus der Zisterzienserzeit
Das Kloster Maulbronn gehört seit 1993 zu den UNESCO-Weltkulturerben. Diese Auszeichnung erlaubt es, die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten, um die Klosterstadt in Stand zu halten. Die Gemäuer sind alt, aber meist gut erhalten. Zu den erhaltenen Schätzen gehört auch das Chorgestühl, welches 92 Mönchen Platz bot.
Die Mönche des Zisterzienserordens waren stark ans Gebet gebunden. Achtmal am Tag mussten sie zur Andacht ins Chorgestühl. Sieben mal am Tag, einmal nachts um zwei. Die Mönche schliefen angekleidet mit ihrer Kutte und schlurften schlaftrunken zum Gebet. Im Chorgestühl musste meist gestanden werden, je nach Andacht. Zur Stütze für die Älteren und Gebrechlichen unter den Mönchen hatte es seitliche Lehnen. So konnten die Mönche anlehnen, ohne umzufallen.
„Ich lobe dich des Tags siebenmal und mitten in der Nacht stehe ich auf, dir zu danken“
Psalm 119
Es wurde auch überprüft, dass alle wach bleiben. Wer einschlief musste im Büsserkreis Strafgebete abhalten. Für den Büsserkreis gibt es jedoch noch eine zweite Theorie. Unmittelbar darüber kamen die Glockenseile runter. Damit nun der Glöckner für einen gleichmässigen Glockenschlag stets am selben Ort stand, musste dieser im eingeritzten Kreis stehen. Man darf nun Glauben, was man will. Unsere Führungsleiterin meinte mit Humor, dass es in 400 Jahren Klosterzeit wohl beides seine Richtigkeit findet.
Der klösterliche Umgang mit dem Fleisch
Die Mönche des Zisterzienserordens in Maulbronn durften die Mauern des Klosters nicht verlassen. Natürlich gab es Ausnahmen, jedoch nur wenige. Die körperliche Arbeit auf dem Feld sowie in der Küche verrichteten die Laienbrüder, welche ausserhalb der Mauern lebten. Die Mönche schrieben viel, wenn sie nicht gerade im Gebet waren.
So war denn auch ihre Ernährung nicht gerade deftig. Sie lebten mehrheitlich vegetarisch, wobei sie diesen Begriff damals etwas eigen definierten. So galt alles, was am Wasser lebt (Biber und ähnliches) nicht als Fleisch. Weiter wurde alles, was im Wasser lebt (Fisch) als Seegemüse bezeichnet und durfte genauso verzehrt werden.
Über 400 Jahre prägten die Zisterzienser Maulbronn – noch heute ist das zu spüren.
In der Fastenzeit war Fleisch natürlich komplett verboten. Doch als der Laienmönch Jakob mitten in der Fastenzeit unverhofft zu einem guten Stück Fleisch kam, wollte er dieses einfach nicht verderben lassen. Er hackte das Fleisch klein, mischte es unter das Gemüse und verpackte die Mischung in Teigtaschen. Heute ist das beliebte schwäbische Gericht weitherum als Maultaschen bekannt. Mit dem Hintergrund der Erfindung werden die Maultaschen im Volksmund auch als Herrgottsb‘scheisserle bezeichnet.
Ein wertvoller Fund
Es war gegen Ende der Fastenzeit, als der Laienbruder Jakob auf dem Heimweg vom Reisigsammeln unverhofft in den Besitz eines schönen Stücks Fleisch gelangte: Ein flüchtender Dieb hatte seinen Sack mit Beute fallen lassen, Jakob direkt vor die Füße. Zurück im Kloster entdeckte er den schmackhaften Inhalt. Während der Fastenzeit war es den Mönchen verboten, Fleisch zu essen, doch Jakob brachte es nicht übers Herz, den wertvollen Fund wegzuwerfen. Aber wie das gute Stück vor dem Verderben bewahren?
Gut verpackt
Nachdem er mehrere Tage gegrübelt hatte, kam ihm beim Zubereiten des Gründonnerstagsmahles die rettende Idee: Er hackte das Fleisch klein und mischte es unter das Gemüse. Weil ihn dennoch das schlechte Gewissen plagte, versteckte er das Ganze in kleinen Taschen aus Nudelteig. So konnte er das Fleisch vor den Augen Gottes und seiner Mitbrüder verbergen – und servierte das herzhafte Mahl als Fastenspeise. Im Volksmund werden die Maultaschen daher auch „Herrgottsb‘scheißerle“ genannt.
Quelle
Diesen Text habe ich direkt vom Original übernommen von der offiziellen Homepage vom Kloster Maulbronn
Maultaschen, Braten und Apfelküchlein
Auch wir durften nach der kalten, aber interessanten Klosterführung sowie dem wärmenden Glühwein, ein feines Nachtessen geniessen. Im Restaurant Klosterschmiede innerhalb des Klosterareals kamen wir in den Genuss des Degustationsmenu mit drei Gängen und fünf Weinen vom Maulbronner Eilfingerberg. Klingt überaus sympathisch und ist sehr zu empfehlen.
Und ich darf sagen, mir hat alles geschmeckt. Sehr sogar. Zur Vorspeise wurde eine Maultäschlevariation serviert und dazu zwei Weissweine – einen Silvaner und einen Riesling. Als Hauptspeise gab es Zwiebelrostbraten mit Gemüse, Spätzle und Schupfnudeln sowie zwei Rotweine – einen Lemberger Q.b.A. und einen Attempto Cuvée rot. Auch die Nachspeise fiel nicht ab, gab es doch herzliche gebackene Apfelküchle mit Vanillesauce und dazu einen Riesling feinherb.
Eine Reise wert
Mein Fazit der zwei Tage in Maulbronn? Durchwegs positiv. Nebst zwei tollen geschäftlichen Tagen mit unserem Team erlebte ich ein schönes, interessantes und sehenswertes Städtchen Maulbronn. Insbesondere das Kloster ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Für mehr reichte meine Zeit leider nicht. Aber ich bin sicher, es gibt auch rundherum noch einiges zu entdecken. Ansonsten liegen Stuttgart, aber auch Heidelberg oder Strassburg ja nicht so unglaublich weit weg.
Quellen und weitere Informationen
Die allermeisten Informationen in diesem Beitrag entstammen unserer sehr sympathischen, fachkundigen und auskunftsfreudigen Führerin durch das Kloster. Und entsprechend natürlich meinem Gedächtnis. Viele weitere Informationen rund um das Kloster Maulbronn sowie die Stadt Maulbronn findet sich auf dessen Webseiten oder an vielen Stellen des Internets.
Für alle Interessierten hier einige nützliche und interessante Links.
- Kloster Maulbronn – UNESCO-Weltkulturerbe mit lebendiger Atmosphäre
- Stadt Maulbronn – Kultur- und Klosterstadt Maulbronn
- Kloster Maulbronn auf Wikipedia
- Maulbronn auf Wikipedia
- Klosteralltag (Zisterzienser) auf Wikipedia
- Hotel Klosterpost – Hotel Klosterpost, Restaurant Klosterschmiede, Meeting House für Tagungen
Besonders interessant ist die Seite des Kloster Maulbronn, welche ein Teil des Portals für Staatliche Schlösser und Gärten von Baden-Württemberg ist.
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Hallo Stefan!
Hach – da kommen direkt Heimatgefühle auf. Wie es der Zufall will, kommen mein Gemahl und ich aus Bretten – das liegt ca. 10 Minuten von Maulbronn weg.
Falls Du mal wieder in der Gegend bist, lohnt es sich, Bretten auch einen kleinen Besuch abzustatten. Ist ein niedliches Städtchen mit vielen Fachwerkhäusern und kleinen Cafés/Restaurants (Eulenspiegel und Lamm sind besonders empfehlenswert).
Am ersten Juliwochenende steppt dort der Bär, denn dann ist Stadtfest – das sog. Peter-und-Paulfest, bei dem die erfolgreiche der Stadtbelagerung durch Ulrich von Württemberg 1504 gefeiert wird. Die Stadt verwandelt sich dann in ein einziges mittelalterliches Gelage!
Viele Grüße
Biene*summsumm*
Hallo,
herzlichen Dank für die zusätzlichen Tipps. Die Welt scheint klein zu sein. Wie ich bei euch gelesen habe, lebt ihr heute in Luzern? Das wäre dann meine schöne Heimat
Liebe Grüsse,
Stefan