Kluftinger ermittelt am Himmelhorn
Ach, wie haben wir uns gefreut. Auf das Wiedersehen mit Klufti. Auf die Erika, Yumiko und Markus, den Langhammer … ok, auf den weniger. Oder halt erst recht. Dann natürlich das Ermittlerteam von Kluftinger. Strobl, Hefele und Richie. Letzterer ist ganz streng dafür besorgt, dass sogar die Chefin zufrieden ist.
Ja, was wäre eine Mordermittlung ohne Mörder und Tote? Genau. Halt einfach nur eine Ermittlung und nicht spannend genug für ein Buch. Deshalb fallen am Himmelhorn gleich drei Bergsteiger zu Tode. Anfangs brauchts auch noch gar keine Mörder. Ein Unfall sei es gewesen. Kommissar Kluftinger ahnt schlimmeres und fängt an, zu ermitteln.
Überhaupt hat Kluftinger mal wieder an allen Fronten zu kämpfen. Zu Hause haben sich der Bub – der studierende Markus – und seine schwangere Frau Yumiko eingenistet. Da ist Kluftinger aufs Mal für die ganze Fürsorge seiner Schwiegertochter zuständig. Und dem kleinen Max. So nennt der werdende Opa den Nachwuchs – überzeugt, es werde ein Bub. Die Quelle der tröstenden Worte findet Kluftinger im Fernsehen. Er wird zum grossen Fan von Feuer der Leidenschaft. Um diese Schnulze zu schauen, kommt der Kommissar auf ganz besondere Einfälle.
Mit rasanter Fahrt gehts los
Aber fangen wir mal vorne an. Der neuste Kriminalroman des Allgäuer Autorenduos Volker Klüpfel und Michael Kobr fängt rasant an. Kluftinger geht mit Doktor Langhammer – seinem besten Nicht-Freund – auf eine Biketour. Mit E-Bike, versteht sich. Klufti hat sogar eine Helmkamera und die Videos soll er dann jeweils dem Yoshifumi Sazuka, Yumikos Vater, nach Japan senden. Nun, dieser erste Film wird dermassen halsbrecherisch, den kann der Kluftinger unmöglich verschicken. Aber erfinderisch ist er ja und so findet er eine Alternative – nicht weniger gefährlich, sag ich euch.
„Wie auch immer, ich muss Ihnen tatsächlich Respekt zollen, wie Sie da hinuntergebrettert sind. Hut ab, so einen halsbrecherischen Fahrstil hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.“
„Wer kann, der kann, Herr Doktor.“
„Na ja, bei Ihnen zieht einfach auch die Masse schon kräftig talwärts, nicht wahr, mein Lieber?“

Ich war bereits nach wenigen Zeilen wieder voll drin im Kluftinger-Fieber. Die Toten fallen gleich zu Beginn in dreifacher Ausführung vom Himmel. Genau gesagt, vom Himmelhorn. Als sie fielen, waren sie noch nicht tot. Als sie von Kluftinger und Langhammer gefunden werden, da waren sie sowas von tot.
„Sieht aus, als sässen wir in einer Art …“
„Falle“, vollendete der Kommissar den Satz, und zu der Bestürzung über ihren Fund gesellte sich ein weiteres Gefühl: Furcht.
„Sie sagen es.“
„Priml.“
„Wie meinen?“
„Scheissdreck, mein ich.“
„Schlicht ausgedrückt, aber es umschreibt die Situation recht treffend.“
Absturz am Himmelhorn
Alles schaut nach einem Unfall aus. Drei Bergsteiger in alter Kluft. Wie sich bald herausstellt waren die drei auf einer Vorbereitungstour für einen Bergfilm. Zwei Bergführer mit dem bekannten Bergsteiger und Filmemacher Andi Bischof. Über den Rädlergrat wollten sie zum Himmelhorn aufsteigen.
Aber wieso sind die drei abgestürzt? Diese Frage beschäftigt Kluftinger. Sein Gefühl sagt ihm, dass hier irgendwas nicht stimmt. Er schaut ganz genau hin und irgendwann muss ihm auch sein Ermittlerteam Glauben schenken.
Die Spuren führen zu verfeindeten Berglerfamilien
Bei den beiden Bergführern handelt es sich um zwei Brüder vom Kagererhof im abgelegenen Oytal. Die Familie Kagerer steht seit den 1930er Jahren auf Kriegsfuss mit der benachbarten Familie Schratt. Was hat es zu bedeuten, dass der dritte Bergführer – ein Schratt – kurzfristig abgesagt hat? Wollte sich die Familie Schratt abermals rächen? Seit dem tödlichen Absturz im Jahre 1936 geben die Schratts der Familie Kagerer die Schuld. Als dann auch noch auf Kluftinger geschossen wird, scheinen sämtliche Fäden zu reissen.
„Geht’s noch?“, schimpfte der Kommissar. „Ich bin von der Kripo, Sie können mich doch nicht einfach rausschmeissen. Frau Kagerer, pfeifen Sie ihn zurück!“
„Das ist mei Knecht und mei Haus“, giftete die Alte zurück, „aus dem schmeiss ich raus, wen ich will. Schon mein Lebtag ist das so!“
Doch ist es so einfach? Oder steht der Absturz am Himmelhorn in Zusammenhang mit der Firma von Andi Bischof, der Wilde Männle Produktion? Seine Geschäftspartnerin, Eva Wolff, zeigt nicht allzuviel Trauer. Wichtiger scheint nun die schnelle Veröffentlichung des geplanten Filmes. Nur hat die gute Frau so überhaupt kein Motiv. Was für ein Interesse sollte sie haben am Tod vom Aushängeschild ihrer Firma?
Kluftinger und sein Team
Wenn Kluftinger am ermitteln ist, dann macht er das mit vollem Einsatz. Nicht so sein Team. Die sehen die Dringlichkeit nicht unbedingt wie ihr Chef. Ausser der Maier vielleicht. Der liebäugelt mit der Chefin des Chefs, der Polizeipräsidentin Dombrowski. Dafür zeigt er vollen Einsatz bei der Zusammenstellung der nicht vorhandenen Weiterbildungen. Zur Unfreude aller endet dies in einem actionreichen Teamfortbildungsevent.
„Da wir gerade etwas Zeit zu haben scheinen, würde ich gerne die Liste mit den Fortbildungen angehen.“
Die Kollegen verzogen die Gesichter. „Das hat doch noch Zeit“, meinte Hefele.
Strobl stimmte ihm zu: „Das können wir doch noch … irgendwann machen.“
Doch Maier bestand darauf. „Ich brauche euch wohl nicht zu erzählen, dass ich höchstpersönlich von unserer Präsidentin für diese Aufgabe ausgewählt wurde, und ich habe vor, sie gewissenhaft auszuführen.“
Die anderen beiden, Strobl und Hefele, haben zurzeit anderes im Auge. Während Hefeles Augen auf die Sekretärin Sandy gerichtet sind, liebäugelt Strobl mit dem grossen Gewinn an der Börse. Ein Umstand, der auch Kluftinger ansteckt. Wiederum zur Unfreude gewisser Bankangestellten. Der Börsenkurs meint es dann aber nicht so gut mit Kluftis Aktien. Verliert er nun auch noch sein Vermögen?
Der Kommissar geriet ins Grübeln. War es wirklich so einfach? Er kaufte ein paar Aktien und hatte plötzlich Geld für das, was er sich bisher aus Sparsamkeit versagt hatte? Das wäre zu schön, um wahr zu sein.
Der Frauenkenner
Als wären die komplizierten Mordermittlungen nicht genug, ist Kluftinger zu Hause zurzeit gefragt wie selten. Markus wohnt gerade mit der hochschwangeren Yumiko wieder daheim. Da Erika ihre ganze Fürsorge für den studierenden Bub braucht, schaut halt der Vatter, dass sich die Schwangere nicht übernimmt. Da kommen ihm die feinfühligen Worte seiner neusten Lieblings-TV-Serie Feuer der Leidenschaft gerade recht.
„Weisst du, Erika“, sagte Annegret leise zu ihrer Freundin, „du hast so einen sensiblen und treuen Ehemann, du weisst gar nicht, was du für ein Glück hast.“
Auch Annegret Langhammer, die beste Freundin von Erika, kann er damit trösten. Diese wird gerade von ihrem Mann betrogen. Oder sie hat zumindest das Gefühl. Hier bereut Kluftinger seine guten Ratschläge sehr schnell. Aber nix da. Es gibt kein zurück. Und schon hat er einen mehrteiligen Sondereinsatz am Hals.
Das Himmelhorn und der Rädlergrat
Das Himmelhorn liegt in den Allgäuer Hochalpen bei Oberstdorf nahe zur österreichischen Grenze. Der höchte Punkt liegt auf 2’111 Meter über Meer. Das Himmelhorn gehört zum Massiv des Schneck, ein 2’268 Meter hoher Grasberg.
Langhammer stieg ab. „Sehen Sie, da gegenüber ist der Schneck, hier im Vordergrund das Himmelhorn …“
„Ja, ja, die kenn ich auch alle.“ Kluftinger ärgerte sich, dass dieser Flachlandtiroler ihm seine Berge erklären wollte.

Bekannt wurde das Himmelhorn 1910, als der Lehrer Hermann Rädler das Himmelhorn über den Rädlergrat erstmals bestieg. Der Rädlergrat führt vom Stuibenfall im hinteren Oytal über den Südwestgrat auf das Himmelhorn. Es gibt keine markierten Wanderwege. Sehr gute Klettererfahrung, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit muss man für eine Besteigung mitbringen.
Ob das der Kluftinger tatsächlich alles erfüllt? Aber zum guten Glück kann er sich durchringen und seinen alten Freund Korbinian Frey anrufen. Dieser hilft ihm bei den Ermittlungen in den Bergen.
Darf ich vorstellen?
Fangen wir beim jüngsten an. Dem Max. Noch ungeboren. Und er wird wohl auch nicht Max heissen. Oder doch? Nun gut, ausser Kluftinger weiss ja auch noch niemand, ob es ein Bub oder ein Mädle wird.
„Ach, weisst du, Vatter“, erwiderte Markus seufzend, „manchmal muss man sich einfach der Familientradition beugen. Der Opa heisst so, du auch – also haben wir uns halt auch dafür entschieden.“
Der Kommissar zog die Brauen zusammen. „Du meinst, das Kleine heisst …“
Bleiben wir in der Familie Kluftinger. Den Kommissar kennen wir alle gut genug. Die gute Seele im Haus, allmontaglich Kässpatzen kochend, ist seine Frau Erika. Ihr Bub, der Markus, hat vor kurzem die Yumiko geheiratet und nun erwarten die beiden ein Kind. Den Max eben. Der andere Opa, der vom Max, wohnt in Japan und ist Yumikos Vater. Yoshifumi Sazuka ist aber auch ein guter Freund von Klufti. Sie mailen und skypen zusammen und neuerdings schickt Kluftinger tolle Videos seiner Unternehmungen an Sazuka. Die Verständigung der beiden ist herrlich. Beide schreiben was, beide verstehen was. Aber selten ist das alles deckungsgleich.
Im Büro ist der Kluftinger der Chef. Hat aber auch eine Chefin. Birte Dombrowski ist Polizeipräsidentin und in erster Linie bemüht um die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Der alte Chef, Dietmar Lodenbacher, ist seit einiger Zeit Ministerialrat in München – also ganz ganz wichtig. Er lässt es sich aber nicht nehmen, seine alte Truppe zu besuchen.
Da öffnete sich die Tür erneut, und Hefele kam mit Strobl herein.
„Wir haben die Lösung zum …“ Hefele verstummte. „Stören wir euch?“
„Ja“, sagte Maier.
„Gut, um was geht’s?“, tönte Strobl und liess sich in der kleinen Sitzgruppe nieder.
Kluftingers Team ist nicht immer ganz so arbeitsstrebend, wie er sich das wünschen würde. Ausser Richard Maier vielleicht. Aber das ist halt kein Allgäuer. Der kommt aus Baden-Württemberg und ist sehr pflichtbewusst, was es für ihn nicht einfacher macht. Weiter ermitteln Eugen Strobl und Roland Hefele mit und den ganzen Papierkram erledigt meist die Sekretärin, Sandy Henske.
Unterstützt werden die Polizisten der Kripo vom Gerichtsmediziner Georg Böhm sowie dem Kriminaltechniker Willi Renn. Und Kluftinger ganz persönlich von Korbinian Frey, einem alten Freund, welchen er schon seit ach so vielen Jahren hätte anrufen sollen. Nun hat er es getan.
Ach ja! Die Kluftinger-Romane wären nur halb so gut, wäre da nicht noch das Ehepaar Langhammer. In erster Linie der Herr Doktor Martin Langhammer. Er bezeichnet sich als guten Freund von Kluftinger, einfach weil halt die Annegret mit der Erika befreundet ist. Der Kommissar sieht sich daher immer wieder gezwungen, Zeit mit dem Doktor zu verbringen. Auch in diesem Buch.
„Mal unter uns, Herr Kommissar“, setzte Marianne Kagerer hinzu, „ich kann mir nicht vorstellen, was so ein junges Ding mit einem so alten, glatzköpfigen Dackel will. Und wie ein Doktor sieht der schon gar nicht aus.“
Das Autorenduo
Für gutes Benehmen in der Runde sorgen die beiden Autoren aus dem Allgäu: Volker Klüpfel und Michael Kobr. Klüpfel kennt Kluftinger wohl persönlich. Ist er doch auch in Altusried aufgewachsen und spielt wie der Kommissar bei den dortigen Freilichtspielen mit. Heute lebt er mit seiner Familie in Augsburg. Kobr wurde in Kempten geboren und lebt nach wie vor im Allgäu.

2003 schrieben die beiden mit Milchgeld ihren ersten Kriminalroman um Kommissar Kluftinger. Der Erfolg lies nicht auf sich warten und so ist Himmelhorn bereits der neunte Fall für Kluftinger und sein Team.
„Ja, wissen Sie denn nicht, wer das ist?“
„Touristen, wie’s ausschaut.“
„Aber nicht doch, das sind die Autoren dieser Allgäukrimis, die müssten Sie doch eigentlich kennen.“
„Ah … die.“ Er hatte keine Ahnung, was die Frau meinte. Allgäukrimis gab es ja inzwischen so viele wie Nordic-Walking-Gruppen, und mit beidem hatte Kluftinger wenig am Hut.
„Soll ich sie Ihnen vorstellen? Die sind … na ja, im Grossen und Ganzen okay. Ich kann Ihnen auch ein Autogramm besorgen.“
Der Kommissar winkte ab: „Na, dankschön, richten Sie ihnen einfach einen Gruss von mir aus, sie sollen bloss keinen Blödsinn über unsere Polizeiarbeit schreiben.“
Anfang 2016 schickten sie Kluftinger in die Ferien – also so quasi. Sie selber schrieben von ihren eigenen Ferienerinnerungen, verpackt in eine spannende und lustige Geschichte. In der ersten Reihe sieht man Meer war zwar anders, aber genauso unterhaltsam.
Kluftingers Fälle und ein wenig mehr
Wie erwähnt, hatte Kommissar Kluftinger bisher neun Fälle zu lösen.
- Milchgeld (2003)
- Erntedank (2004)
- Seegrund (2006)
- Laienspiel (2008)
- Rauhnacht (2009)
- Schutzpatron (2011)
- Herzblut (2013)
- Grimmbart (2014)
- Himmelhorn (2016)

Lesenswert sind jedoch nicht nur die Krimis, obwohl ich hier nur den 2016 erschienene Ferienroman kenne.
- Mahlzeit! – Das Kluftinger Kochbuch (2010)
- Zwei Einzelzimmer, bitte! – Mit Kluftinger durch Deutschland (2011)
- In der ersten Reihe sieht man Meer (2016)
Kluftinger im Fernsehen
Während der Kommissar seine TV-Serie Feuer der Leidenschaft schaut, kommen wir in den Genuss von Kluftinger höchstpersönlich. Fünf Romane wurden bisher verfilmt. Die letzten beiden (Herzblut und Schutzpatron) wurden Ende letzten Jahres gedreht und feiern ihre TV-Premiere nun Ende 2016. Am 24. November 2016 wird Herzblut ausgestrahlt, eine Woche später folgt Schutzpatron. Jeweils im Ersten Deutschen Fernsehen. Die Termine habe ich von Filmstarts.de und übernehme keine Garantie. Sie werden aber wohl schon stimmen, also reserviert euch die Daten, sofern ihr wollt.
- Erntedank. Ein Allgäukrimi (26. September 2009, BR)
- Michgeld. Ein Kluftingerkrimi (26. April 2012, Das Erste)
- Seegrund. Ein Kluftingerkrimi (28. November 2013, Das Erste)
- Herzblut. Ein Kluftingerkrimi (24. November 2016, Das Erste)
- Schutzpatron. Ein Kluftingerkrimi (1. Dezember 2016, Das Erste)
Ich habe mir bisher nur Seegrund angesehen und war leider ziemlich enttäuscht. Der Film kam mir sehr lahm vor, während ich beim Lesen jeweils bestens unterhalten werde. Da sieht man das Problem vom Verfilmen von guten Büchern. Jeder hat seine eigene Vorstellung der Charaktere und Örtlichkeiten. Wenn dies im Film nicht passt, ja, dann passt es eben nicht und der Film hat kaum eine Chance, gut zu sein. Trotzdem werde ich mir die neuen Filme ansehen und hoffe darauf, dass ich positiv überrascht werde.
Weitere Informationen gefällig?
Zum weiter stöbern, einfach folgende Links aufrufen.
- klufti.de
- Himmelhorn (Das Buch) bei Droemer/Knaur
- Kommissar Kluftinger auf Wikipedia
- Himmelhorn (Der Berg) auf Wikipedia
„Nein, bitte, Richie, neue Regel: Ab jetzt wird nur noch gefunkt, wenn irgendwas passiert. Das war Kluftinger, over und ein für alle Mal out.“
Himmelhorn von Volker Klüpfel und Michael Kobr erschien 2016 bei Droemer/Knaur.
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