Jonas Jonasson: Der Hundertjährige, der die Leser doppelt in seinen Bann zieht
Die Geschichten des Hundertjährigen Schweden von Jonas Jonasson gehören mit grossem Abstand zu den besten Büchern meines Lesejahres 2018. Obwohl der erste Band bereits vor neun Jahren in der Originalfassung erschien, so sind die Bücher dieses Jahr so aktuell wie noch selten. Im September erschien die Fortsetzung des Bestsellers. Der Hundertjährige wird Hunderteinjährig und sorgt einmal mehr für einigen Wirbel in der Politspitze unserer Welt.
Mit viel Können nimmt Jonas Jonasson vergangenes und aktuelles Geschehen aus der Weltgeschichte auf die Schippe und lässt den Hundertjährigen frei mit den Staatsmännern – und Staatsfrauen – anbandeln. Zwei Bücher, die ein jeder Lesebegeisterter und eine jede Lesebegeisterte gelesen haben muss.
Es ist wahrhaftig nicht übertrieben zu behaupten, dass Jonas Jonasson und seine Bücher über den Hundertjährigen Schweden zu den überraschendsten und besten Entdeckungen meiner vergangenen Lesejahre zählen. Überraschend, weil ich mir unter dem Titel und der Beschreibung der Bücher – insbesondere des ersten – nicht vorstellen konnte, was mich erwartet. Am besten, weil der Schreibstil des Autors schlicht genial ist und den Leser innert Kürze fesselt und über die volle Buchlänge bestens unterhält.
Der Hundertjährige steigt aus dem Fenster
Ohne grosse Vorahnung beginne ich auf Empfehlung meiner lieben Frau, den ersten Band des Hundertjährigen zu lesen. Obwohl das Buch zum Zeitpunkt des Lesestarts noch ein einzelnes Buch ist ohne jegliche Fortsetzung. Wer denkt bei einem Hundertjährigen schon an eine Fortsetzung? Aber egal. Der Titel ist so lang, dass er einem schon komisch erscheinen mag und die Beschreibung erzählt von einem Hundertjährigen, der an seinem Geburtstag aus dem Fenster steigt und danach für so einige Turbulenzen sorgt – so wie er dies in seinen vergangenen hundert Lebensjahren schon mehrmals getan hat. Stets auf Höhe der höchsten Staatsoberhäupter dieser Welt. Von Schweden über Russland, Nordkorea, die USA und viele weitere Länder, welche in der Geschichte eine Rolle spielen.
Es dauert nicht lange und das Buch hat mich in seinen Bann gezogen. Es ist anfänglich weniger die Geschichte, als vielmehr der absolut geniale Schreibstil des Autors. Ich bin noch jetzt begeistert davon. Aber klar, auch die Geschichte unterhält. Der Hundertjährige steigt an seinem Geburtstag aus dem Fenster des Altersheims, schlicht weil es ihn vor den Feierlichkeiten seines hundertsten Geburtstages graut. Schliesslich fühlt er sich noch fit und fidel. So geht er seines Weges und entwendet beim Bahnhof doch prompt einem Kleingangster einen Koffer voll Geld. So völlig ahnlungslos. Ist doch bloss ein Koffer.
Das Geschehen in der Gegenwart nimmt seinen Lauf und immer wieder schweifen die Gedanken ab in die Vergangenheit. In das Leben des Hundertjährigen. Und damit in die Geschichte unserer kleinen, runden und wunderschönen Erde. So trifft er so manchen Staatsführer der kriegspolitisch entscheidenden Mächte, egal ob in den Weltkriegen oder im Kalten Krieg. Auch egal, auf welcher Seite diese stehen. Der Hundertjährige lässt sich mal einfach so durchs Leben treiben und denkt stets, es komme dann schon so, wie es kommen muss. Und so kommt es denn auch.
Der Hundertjährige wird Hunderteinjährig
Das Ende des ersten Bandes ist zugleich der Beginn des zweiten. Der völlig ungeplanten, nach neun Jahren aber doch erscheinenden Fortsetzung der Geschichte mit dem Hundertjährigen. Packend und fesselnd ganz genau so wie der erste Band, geht es nun mit dem hundertundersten Geburtstag des Hundertjährigen so richtig los. Auf Bali in Indonesion. Als es dem Hundertjährigen, namentlich Allan Karlsson, doch mal zu langweilig wird, den ganzen Tag am Strand zu liegen, Drinks in verschiedenen Farben zu bestellen und einfach nichts zu tun. Gemeinsam mit seinem Freund, dem spargelbesessenen Julius Jonsson fährt er wegen eines kleineren oder grösseren Malheurs mit einem Heissluftballon aufs Meer hinaus. Schwups, und weg sind sie. Und mit ihnen auch ihre Schulden beim Luxushotel auf Bali.
Den nun Hunderteinjährigen Hundertjährigen bringt jedoch so schnell nichts aus der Ruhe. Es kommt, wie es kommen muss und so werden sie von einem Nordkoreanischen Frachtschiff aufgelesen – der so rein zufälligerweise eine Kleinigkeit für die angestrebten Atombomben schmuggelt. Passt doch perfekt für den Hunderteinjährigen Atombombenexperten. So kommt er schneller als ihm lieb ist zurück auf die politische Weltbühne. Nach Grossvater und Vater lernt er jetzt auch noch den aktuellsten Führer Nordkoreas kennen. Nicht gerade zur Freude beider Seiten. Auch Trump ist ihm später nicht ganz so sympathisch. Nur mit Merkel freundet er sich beinahe ein wenig an.
Wird der Hunderteinjährige Hundertjährige Hundertzweijährig?
Mit dem Hundertjährigen, der dann doch noch Hunderteinjährig wurde, schaffte es der Autor Jonas Jonasson auf geschickte Art, das Weltgeschehen kritisch zu betrachten und auf unterhaltsame Art zu präsentieren. Sind es im ersten Band die Ereignisse der letzten rund hundert Jahre, so sind es im zweiten aktuelle Themen sowie Staatsoberhäupter. Wie eben Donald Trump, Angela Merkel oder Kim Jong-un. Ich finde es eine Wahnsinnsleistung des Autors, die unglaublich vielen Themen sowohl der Vergangenheit wie der Gegenwart, auf eine solch unterhaltsame Art zusammenzufügen und die teils ernsten Themen auf überaus amüsante Art und Weise wiederzugeben.
In keinster Weise und zu absolut keinem Zeitpunkt wird es der Leserin und dem Leser bei der Lektüre langweilig. So liegt es nahe, auch die weiteren Bücher von Jonas Jonasson zu empfehlen. Davon habe ich bisher Die Analphabetin, die rechnen konnte gelesen. Gemeinsam haben die Romane die langen Titel. Die Geschichten des Hundertjährigen sind zwar absolut einmalig, aber zumindest Die Analphabetin, die rechnen konnte kann ich mit gutem Gefühl empfehlen. Jonas Jonasson ist ein schwedischer Autor, lebte zwischenzeitlich in Ponte Tresa im Schweizer Südkanton Tessin und lebt heute wieder in Schweden.
Geht es weiter und wird der nun Hunderteinjährige Hundertjährige gar noch Hundertzweijährig? Ich denke nicht. Ich weiss es aber auch nicht und daher können wir nichts ausschliessen. Aber da der zweite Band ursprünglich schon gar nicht geplant war, denke ich kaum, dass es noch weiter geht. Irgendwie ist es auch gut so. Als Hundertjähriger war der Hundertjährige wohl in seinem allerbesten Alter. Aber lassen wir uns überraschen.
Weitere spannende Bücher von tollen Autorinnen und Autoren findest du in meinen ganz persönlichen Lese-Empfehlungen. Viel Spass.
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