Donald Trump – und er glaubt tatsächlich, was er sagt
Gut 1’200 Bücher sind bisher über den amtierenden US-Präsidenten erschienen, wie jüngst in der NZZ am Sonntag zu lesen war. Eines davon habe nun auch ich gelesen: Zu viel und nie genug von Mary L. Trump, der Nichte von Donald Trump und Tochter seines älteren Bruders Freddy, welcher 1981 im Alter von 42 Jahren mitunter an den Folgen des Alkohols verstarb – und nicht zuletzt an den Folgen der Familie Trump. Weil die Trumps eben so sind, wie sie sind.
Nun weiss ich, dass Donald Trump seine eigenen Lügen auch tatsächlich glaubt und sie deshalb auch nie als Lüge erkennen würde. Aber lest selbst. Das Buch ist interessant und teils gar äusserst erschreckend.
Vor vier Jahren war es langsam abzusehen. Ja, zu befürchten. Doch wenige Monate davor hätte wohl niemand auf dieser Welt an die Möglichkeit geglaubt, dass eine Person wie Donald Trump zu einem der mächtigsten Staatspräsidenten dieses Planeten werden würde. Naja, fast niemand. Er selbst glaubte mit Sicherheit daran. Denn, wenn er etwas will, dann kriegt er es auch. Nun wollte er US-Präsident werden – und jetzt ist er US-Präsident. Noch fragen?
Ein Buch über die Familie
So wie er heute ist, so war Donald Trump gemäss seiner Nicht Mary L. Trump schon immer gewesen. Und so steht es in ihrem kürzlich erschienenen Buch Zu viel und nie genug – wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf, welches die Geschichte ihrer Familie des 20. Jahrhunderts bis heute erzählt und somit eine mögliche Erklärung liefert, weshalb der amtierende US-Präsident so ist, wie er eben ist. Ein Trump. Das Buch enthält keine bahnbrechenden Enthüllungen, es erzählt auch nicht viel von der Gegenwart und der Präsidentenzeit.
Mary L. Trump erzählt vielmehr die Familiengeschichte, wie sie sie kennt respektive in unzähligen Gesprächen in Erfahrung bringen konnte. Es ist eine sehr lesenswerte Erzählung über eine Familie, bei welcher die Rollen stets von vornherein klar verteilt waren und wo Lügen und Betrügen zum guten Geschäftston gehört. Auch wenn die Autorin viel in der Zeit umherspringt, so ist es mehrheitlich doch sehr angenehm zu lesen, wenn man sich mal daran gewöhnt hat und die zu Beginn vielen neuen Persönlichkeiten kennt.
Macht und Geld
Die Grosseltern von Donald Trump, Frederick und Elizabeth Trump wanderten um 1900 aus Deutschland in die USA aus. Frederick Trump geschäftete in der Zeit des Goldrausches erfolgreich mit dem Betrieb von Restaurants im Nordwesten der USA und im kanadischen Yukon-Territorium. Sie hatten mit Elizabeth, Fred und John drei Kinder. Donald Trump ist der Sohn von Fred, des mittleren der drei Geschwister, und dessen aus Schottland stammenden Ehefrau Mary Anne Trump.
Die Rollen von Vater und Mutter waren klar geteilt. So schaute Fred für das Einkommen und den Aufbau seiner Immobilienfirma, welche er noch mit seiner Mutter Elizabeth gründete, nachdem Fred Trump früh verstarb. Mary Trump sorgte für den Haushalt und die Kinder. Erziehung interessierte Fred nicht, mit Ausnahme des ältesten Jungen und somit künftigen Nachfolgers als Oberhaupt seiner Firma. Das war so bestimmt, noch bevor die Kinder da waren.
Regeln gelten nicht für Donald
Vorgesehen für diese Rolle war Fred Trump Jr., oder einfach Freddy. Nach Maryanne das zweite Kind und der erstgeborene Junge. Weiter folgten Elizabeth, Donald und Robert. Freddy konnte dem Drehbuch für sein Leben jedoch zu keiner Zeit und in keiner Weise gerecht werden. Er versuchte gar auf eigenen Beinen zu stehen und erlernte den Beruf des Piloten, ganz ausserhalb des Familienimperiums. Da dies überhaupt nicht den Vorstellungen des Vaters entsprach und schlichtweg nicht akzeptiert werden konnte, musste Freddy viele Demütigungen einstecken, endete im Alkoholsumpf und verstarb viel zu früh im Alter von 42 Jahren.
All dies bekam der aufmüpfige und von klein auf freche Donald mit. Er lernte daraus und lehnte sich immer mehr gegen seinen Vater auf. Etwas, das sich nur Donald getraute. Später fing er selbst mit dem Geld seines Vater zu geschäften, verlor viel – und bekam trotzdem immer mehr. Nicht nur vom Vater, auch von den Banken und anderen Investoren. Donald hatte schlicht die Eigenschaft, den Leuten etwas zu verkaufen, was er gar nicht hatte.
Über New York ins Weisse Haus
In nur drei Generationen schafften es somit die deutschen Auswanderer Frederick und Elizabeth über ihren Sohn Fred Trump und seinem Immobilienimperium in New York bis nach Washington D.C. ins Weisse Haus – mit ihrem Enkel und Grossmaul Donald Trump.
Es ist ein Phänomen, dass vor gut vier Jahren niemand nur an die Möglichkeit denken konnte, dass es Donald Trump zum US-Präsidenten schaffen könnte und er schliesslich trotzdem von seiner Partei nominiert und später vom amerikanischen Volk gewählt wurde. Insofern hat dieser Mann die grosse Eigenschaft, die Menschen um sich zu überzeugen. Lügen und Wahrheiten dermassen zu streuen, dass nicht nur er selbst an alles glaubt, was er rauslässt. Egal, wie offensichtlich seine Lügen und Unwahrheiten auch sind – aus seinem Mund ist es die pure Wahrheit.
Zu viel und nie genug – wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf von Mary L. Trump erschien im August 2020 im Heyne Verlag.
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