Denksteine im Theater Rigiblick
Manchmal macht man einen Plan. Dann weiss man, was auf einen zukommt. Und freut sich darauf. Bei schönen Dingen. So machten wir – in persona meine Frau und ich – vor einiger Zeit einen Theaterbesuch ab. Aus dem Plan wurde für mich dann doch ein sehr spontaner Abend. Die Freude war am Ende nicht kleiner. Der Überraschungseffekt am Nachmittag jedoch ziemlich gross.
Der Abend im Theater Rigiblick mit dem Stück Denksteine von Nathalie Gessner war übrigens genial. Ohne jede Ahnung, was uns erwartet, genossen wir einen lässigen Theaterabend mit lustigen Gesprächen und kühlen Getränken vor und nach der Vorstellung.
Aber wie kam es nun zu diesem geplanten spontanen Theaterbesuch? Wie bereits erwähnt haben wir das Ganze einwandfrei abgemacht. Auch die Babysitterin war organisiert. Wir – oder besser gesagt, meine Frau – haben an alles gedacht. Fast alles. Es ist uns doch völlig vergessen gegangen, unseren Ausgang dem Kalender mitzuteilen. Bei meinem phänomenalen Gedächtnis hatte dies zur Folge, dass auch meine Hirnzellen einfach mal alles vergassen.
Die Standseilbahn
Und so war ich halt ganz einfach überaus überrascht, als mir meine Frau wenige Stunden vor der Vorführung dieselbige anpries. Oh ja, da war ja noch was! Dann machen wir das so. Treffpunkt um halb acht vor dem Theater Rigiblick in der Stadt Zürich. Sie direkt von daheim. Ich so halb direkt von der Arbeit – via Sternengrill am Bellevue und einer feinen Bratwurst. Später ging es dann gemeinsam direkt nach Hause. Aber nicht ohne ein erfrischendes Bier.
Nun kam ich zum ersten Mal ins Vergnügen einer weiteren stadtzürcher Standseilbahn – der Rigiblickbahn. Diese führt von der Bus- und Tramhaltestelle Rigiblick direkt zum Theater Rigiblick. Ihr seht, bei der Namenswahl haben die Zürcher eine gewisse Logik bewahrt. Aber rein ÖV-technisch ist das Theater tatsächlich sehr gut zu erreichen in rund 15 Minuten ab dem Zentrum.
Das Theater
Wenn man das Theater Rigiblick betritt hat man den ersten Höhepunkt bereits hinter sich. Der Ausblick. Über die Stadt. Vom Prime Tower bis zum See und weit darüber hinaus. Bei meiner Ankunft war es bereits dunkel und ich sah das eindrückliche Lichtermehr der grössten Schweizer Stadt unter mir. Herrlich. Ein Moment zum Geniessen.
Empfangen wird man im Inneren mit der gemütlichen Theater-Bar. So entledigten auch wir uns der Wintermäntel und steuerten die Bar an. Es blieb uns noch genügend Zeit, uns mit einem erfrischenden Getränk der städtischen Turbinenbräu einzustimmen.

Um unsere reservierten Eintrittskarten abzuholen, fragte ich nach der Kasse für den Eintritt. Naja, andere öffnen die Augen, ich frage. Ein kleiner Wink des Mannes hinter der Bar genügte. Keine zwei Meter nebenan wurden mir wenig später die Tickets ausgehändigt.
Mit eigenen Produktionen und sorgfältig ausgewählten Gastspielen wollen wir unseren Zuschauerinnen und Zuschauern unvergessliche Theatererlebnisse ermöglichen. Unsere Gäste sollen sich bei uns wohlfühlen.
Das Theater ist eher klein und daher sehr gemütlich und freundschaftlich. Der Saal bietet knapp 200 Personen einen Sitzplatz. Gezeigt werden nebst Eigenproduktionen auch sorgfältig ausgewählte Gastspiele. So auch das Stück Denksteine der Zürcher Schauspielerin und Regisseurin Nathalie Gessner, in dem wir an jenem Abend sassen.
Das Stück
Das Theaterstück besteht aus drei Teilen. Drei Mosaike aus dem Text Anatol von Arthur Schnitzler – Weihnachtseinkäufe, Agonie und Denksteine. Der komplette Einakter-Zyklus des Österreichers Arthur Schnitzler besteht aus sieben Teilen und entstand zwischen 1883 und 1891. Die Reihenfolge wurde von Schnitzler bewusst nicht festgelegt. Selbst er hielt sich bei der Erstausgabe nicht an die Folge der Entstehung.
Das Stück handelt vom Frauenhelden Anatol. Er ist geplagt von Zweifeln der Liebe und grosser Eifersucht. Obwohl vor der Jahrhundertwende entstanden ist das Stück auch heute noch genau so aktuell. Man erkennt sich teilweise plötzlich selbst wieder. Liebe ist nunmal zeitlos – mit all ihren Sonnen- und Schattenseiten.
Die geschickt im Text inszenierten Gefühle bieten eine hohe Fläche der möglichen Identifikation, was mitunter zur stets gültigen Aktualität des Stücks beiträgt
Im Theaterstück von Nathalie Gessner wird im letzten Mosaikstück die Eifersucht sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Mit einem nicht erwarteten und sprichwörtlich klatschenden Ende. Damit meine ich jetzt (noch) nicht der Applaus des Publikums. Dieser blieb natürlich nicht aus.

Im ersten Teil trifft Anatol kurz vor Weihnachten auf eine ehemalige. Geliebte. Sie ist unterwegs zu Mann und Kind. Er auf der Suche nach einem Geschenk für seine aktuelle Liebe. Oder korrekter: Geliebte. Ob Anatol wirklich lieben kann? Im Mittelstück empfängt Antol eine spätere Geliebte in seiner Wohnung. Doch auch hier ist ihm kaum etwas recht.
Im wahrsten Sinne des Wortes ziehen sich die Figuren immer mehr aus, entblössen sich während des Stückverlaufs und zeigen uns immer mehr ihre wahren Gesichter.
Dazwischen liegen Zeitsprünge. Szenenwechsel. Tanzend zur Live gespielten Musik von Settore Giada erhält das Publikum Einblick in die Traumwelt von Anatol. Stellvertretend für die drei Frauen stehen ebensoviele Schneiderpuppen auf der Bühne. Nach jeder Bühne zieht sich die Geliebte aus und hängt ihre Kleider auf. So ist die Liebesgeschichte jederzeit für den Zuschauer sichtbar.
Die Frauen werden übrigens alle von derselben Schauspielerin gespielt. Julia Salome Nauer steht gemeinsam mit Thomas Grampp (Anatol) auf der Bühne. Während Anatol sich selbst entwickelt, wechselt Julia Salome Nauer mit jeder Szene die Figur. Eine weitere Geliebte. Ein weiterer Charakter.
Die Regisseurin
Regie führte bei Denksteine die Schauspielerin, Sprecherin und Regisseurin Nathalie Gessner. Sie ist wie meine Frau in Fällanden (Ortsteil Benglen) aufgewachsen. Heute wohnt sie eigentlich überall. So steht auf ihrer Homepage kein Wohnort, sondern Wohnmöglichkeiten. Denksteine ist ihre erste grosse Produktion und feierte am 20. November 2016 im Theater Rigiblick in Zürich Premiere. Also just einen Tag vor unserem Besuch.
Bereits im Alter von vier Jahren hat mich der Theatervirus gepackt und bis heute gibt es kein Gegenmittel.
Nathalie Gessner studierte an der Universität Zürich Publizistik und Medienwissenschaft und besuchte später die Schauspielschule in Freiburg im Breisgau.
Die Aufführungen
Die Vorführungen im Theater Rigiblick in Zürich sind vorbei. Mit der Premiere am 20. November sowie der Anwesenheit unserer Wenigkeit einen Tag später, waren die Aufführungen ein Erfolg. So war zumindest mein Eindruck. Am 25. November folgte eine weitere Aufführung in Biel.
Aber nun zum passenden Weihnachtsgeschenk. 2017 sind bereits zwei Vorführungen in Freiburg im Breisgau fixiert. Am Sonntag, 29. Januar 2017 sowie am Sonntag, 19. März 2017 könnt ihr Denksteine auf der Alemannische Bühne sehen. Jeweils um 19:00 Uhr.
Informationen zum Stück und weiteren Spieldaten (sind in Planung) findet ihr auf der Homepage von 4th protocol.
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