Berührendes Familiendrama in Nigeria von Chigozie Obioma
In Der dunkle Fluss erzählt Chigozie Obioma die berührende Geschichte einer nigerianischen Familie aus Akure. Der Vater möchte das beste für seine Kinder, auch wenn sie dafür lange Zeit auf ihn verzichten müssen. Doch Aberglauben und Lügen beginnen das Leben der vier ältesten Söhne zu bestimmen – und alles begann mit den vier Fischern am Omi-Ala – dem dunklen Fluss.
Benjamin lebt mit seiner Familie in der Stadt Akure im Südwesten von Nigeria. Er ist der Sohn von Mr. James Agwu und seiner Frau und der vierte Sohn von insgesamt sechs Kindern. Er erzählt uns die Geschichte seiner Familie. Wie sie gemeinsam in der Stadt am Omi-Ala aufwachsen und von einem neuen Leben im fernen Kanada träumen. Von einer westlichen Ausbildung und späterem Ansehen in Beruf und Leben. All dies schien für einige Zeit so greifbar.
Vater war ein Adler
Das sind besonders die Wünsche des Vaters Mr. James Agwu, welcher wie ein Adler wachsam über die Familie thront. Er hat eine gute Stellung bei der Nigerianischen Zentralbank und möchte seinen Kindern eine bessere Zukunft bescheren, als ihm selbst. 1996 wird er von seinem Arbeitgeber ins über 1’000 Kilometer entfernte Yola entsendet, wo er auf unbestimmte Zeit arbeiten soll. Seine Frau bleibt mit den Kindern zu Hause in Akure.
Er legte seine Brille auf den Tisch, eine Geste, mit der er um unsere Aufmerksamkeit bat. „Ich werde von jetzt an in Yola leben, und ich will nicht, dass ihr eurer Mutter Ärger macht.“
Der Gehorsam der Kinder lässt bei Abwesenheit des Vater immer mehr nach. Mit harten Worten und nicht selten mit dem Ledergürtel hielt der Vater die Jungen von Missetaten und Lügen ab. Doch die vier älteren Brüder beginnen, im Unwissen der Mutter, zum Fischen an den Fluss zu gehen. Eine Entscheidung, welche die vier noch teuer zu stehen kommen wird.
Ikenna war ein Python und ein Spatz
Unter der Führung von Ikenna, des ältesten Sohnes, pilgern nun Boja, Obembe und Benjamin immer häufiger zum Fluss. Die Fische versuchen sie, zu verkaufen, doch selten beisst etwas genug grosses an. Das Fischen wird zum neuen Lebensinhalt der vier Brüder – bis zu jenem schicksalsträchtigen Tag, als das Unheil seinen Anfang nimmt.
An diesem Tag will Ikenna nicht mehr weiter zum Fluss. Er fordert seine jüngeren Geschwister auf, es ihm gleich zu tun. Diese setzen sich durch und als Ältester geht auch Ikenna trotz Widerwillen mit zum Omi-Ala. Die Kinder werden an diesem Tag von der Nachbarin Iya Iyabo gesehen und der Mutter verraten. Viel schlimmer ist jedoch die Begegnung mit Abulu, dem dorfweit bekannten Verrückten.
Abulu war ein Verrückter und ein Leviathan
Mit seinen Prophezeiungen versetzt er die Bewohner von Akure immer wieder in Angst und Schrecken. Auf dem Heimweg vom Fluss begegnen ihm nun auch Benjamin und seine Brüder und was Abulu gegenüber Ikenna äussert, verändert das Leben der ganzen Familie für immer.
Es war, als würden ihre Hände von einer fremden Macht kontrolliert. Ich ahnte, dass nach diesem Kampf nichts mehr so sein würde wie vorher.
Beim nächsten Heimbesuch des Vaters folgt die Strafe durch den Ledergürtel für die Gänge zum Fluss. Doch die Schläge auf das Hinterteil sollten noch das harmloseste bleiben, was in den kommenden Monaten folgt. Ikenna schottet sich immer mehr ab, was den Hass von Boja umso mehr schnürt. Am Ende steht die Rache für die Brüder an Abulu. Diese besiegelt wiederum das Schicksal von Benjamins Kindheit – und seinem Leben.
Hass ist ein Blutegel
Der dunkle Fluss ist die bewegende Geschichte des jungen Benjamin Agwu und seiner Familie. Er erzählt die Erlebnisse seiner älteren Brüder Ikenna, Boja und Obembe sowie ihm selbst aus seiner Sicht. Der Leser erfährt aus erster Hand wie das Leben der ganzen Familie verändert wird ab dem Tag, als der Vater Mr. James Agwu zur Arbeit für die Nigerianische Zentralbank nach Yola ziehen muss.
Hass ist ein Blutegel.
Das Ding, das sich an der Haut festsaugt, sich von den Menschen ernährt und ihnen die Lebenskraft raubt. Er verändert einen und verschwindet erst, wenn er einem den letzten Tropfen Frieden ausgesaugt hat.
Wie die Mutter ohne die starke Hand die Kontrolle über die Brüder verliert und später auch die kleineren Geschwister David und Ikme darunter zu leiden beginnen. Zusätzlich zum Familienschicksal ist auch das Land Nigeria in einer schwierigen politischen Situation, was in der Geschichte immer mal wieder zum Vorschein kommt.
Wir waren Fischer
Der 1986 in Nigeria geborene Autor Chigozie Obioma feierte mit dem Roman Der dunkle Fluss ein international erfolgreiches Debüt. Die Geschichte spielt sich in seiner Geburtsstadt Akure ab und erzählt die berührende Geschichte von Benjamin Agwu und seiner Familie. Obioma selbst wuchs in einer Grossfamilie mit sieben Brüdern und vier Schwestern auf. Doch wie die Kinder des Romans erlernte er nebst der offiziellen Nigerianischen Landessprache Englisch die Sprachen Yoruba und Igbo.
Nach Aufenthalten in Nigeria, auf Zypern und in der Türkei lebt Chigozie Obioma heute in den USA. Dort ist er Assistenzprofessor in Literatur und Kreativem Schreiben an der University von Nebraska-Lincoln. Zurzeit arbeitet Obioma an seinem zweiten Roman mit dem englischen Originaltitel An Orchestra of Minorities (erwartet auf Januar 2019).
BUCHweltreise in Nigeria
Die Reise nach Nigeria hat sich dank Chigozie Obioma und Der dunkle Fluss mehr als gelohnt. Es ist ein aufwühlendes und bewegendes Lesevergnügen. Wenn man denn Vergnügen im Rahmen dieser tragischen Familiengeschichte überhaupt verwenden darf. Es ist keine allzu leichte Kost vom Inhalt. Zu Lesen ist der Roman jedoch sehr angenehm und die Geschichte berührt einen. Auch kommen die Gepflogenheiten und die Kultur Nigerias stark zum Vorschein – so auch der Glaube an etwas Übermächtiges, wie die Prophezeiungen eines Irren.
„Es ist vorbei“, hallte es in meinen Ohren wider. Ich nickte, und Obembe kam auf mich zu und umarmte mich.
Meine BUCHweltreise geht weiter. Bis zum nächsten Halt lade ich euch ein, in meinem leseREISEbuch zu stöbern und die vergangenen Reisestopps zu begutachten. Von Südafrika bis Skandinavien, von Argentinien bis Japan und von Kanada bis Australien. Ich wünsche euch viel LESEvergnügen.
Der dunkle Fluss von Chigozie Obioma erschien 2015 bei Aufbau Verlag.
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