BUCHweltreise in Norwegen: zwischen Toten und dem eigenen Todeswunsch
Der einstige Polizist Thorkild Aske wird nach drei Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Psychisch gestört und dem eigenen Tod näher als dem Wiedereinstieg ins alltägliche Leben. Auf Bitten seines Freundes und Psychologen Ulf Solstad sucht er im Norden Norwegens nach dem verschwundenen Sohn von Arne Vollmyr und Anniken Moritzen. Trotz der brisanten Verbindung in eine Vergangenheit, welche ihn in den Knast und total aus dem Lebenstritt brachten.
Es sollte keine grosse Sache sein. Die Polizei vermutet hinter dem Verschwinden von Rasmus Moritzen einen Tauchunfall und dies gilt es nun zu bestätigen. Die Eltern möchten nur ihren Sohn begraben können. Doch es kommt anders. Ganz anders. Auf dieser BUCHweltreise in Norwegen.
Drei Jahre zuvor ändert sich das Leben von Thorkild Aske grundlegend. Als Verhörspezialist ist er bei der Norwegischen Polizei ein gefragter Mann und arbeitet zeitweise sogar in den USA mit den besten der Besten zusammen. Er ist gut. Sehr gut. Und er ermittelt in den eigenen Reihen. Gegen Polizisten, welche selbst auf die schiefe Bahn geraten sind. Als ein weiteres Vernehmen ansteht, begegnet er Frei. Der Nichte von Arne Vollmyr und die Freundin des Beschuldigten.

Thorkild Aske verliebt sich. Trotz des Altersunterschieds und der brisanten Verbindung im aktuellen Ermittlungsfall. Und obwohl Frei und ihr Freund den Ermittler mit verhehrenden Mitteln am Verhör hindern wollen. Sie setzen Thorkild unter Drogen und locken ihn mit dem Auto in Richtung einer Verkehrskontrolle. Doch da kommen sie nie an. Sie verunfallen und Frei auf dem Beifahrersitz kommt dabei ums Leben. Thorkild überlebt, verliert jedoch alles andere. Auch sein lebbares Leben. Freunde und Arbeitgeber lassen ihn fallen und er wandert für drei Jahre in den Knast.
Auf der Suche nach Toten und dem Tod
Nun wird Thorkild Aske aus dem Gefängnis entlassen und steht vor dem schwierigen Wiedereinstieg ins Leben. Doch sein Wunsch, Frei wiederzusehen und ihr zu folgen, sind grösser. Ein erster Selbstmordversuch im Knast ging bereits schief. Wegen – oder dank – eines durchgerosteten Rohres in der Dusche. So darf und muss der Leser viel Zeit mit Thorkild und seinen Gedanken an Frei und den Wunsch des Todes verbringen. Speziell im ersten Teil des Buches handelt sehr viel von der tragischen Beziehung der beiden.
„Geben Sie uns ein Grab, Aske“, sagt er und legt die Hand auf die Türklinke. „Noch ein Grab. Ist das verdammt noch mal zu viel verlangt?“
Wird er sie wiedersehen? Kann er ihr folgen? Was sind Wahnvorstellungen und Alpträume und was ist Wirklichkeit. Hier kommen einschneidende Erlebnisse auf der Leuchtturminsel in Nordnorwegen ins Spiel. Von seinem Freund und Psychologen angespornt, übernimmt er wiederwillig den Auftrag von Arne Vollmyr und Anniken Moritzen. Dies, obwohl Arne dem Ex-Polizisten die Schuld am Tod seiner Nichte gibt. Obwohl in Arnes Augen drei Jahre Gefängnis nicht ausreichend waren. Doch nun soll er ihnen den verschollenen Sohn zurückbringen.
Vom Suchenden zum Verfolgten
So fliegt Thorkild Aske nach Nordnorwegen und lässt sich auf die verlassene Leuchtturminsel bringen. Sowohl die Polizei von Tromsø wie auch das lokale Lensmannbüro gehen beim Verschwinden des jungen Rasmus von einem Tauchunfall aus. Es gibt nichts, was dagegen spricht. Thorkild will einfach nur die Leiche finden. Der Sturm zieht jedoch nicht nur wettermässig auf. Thorkild findet an der Küste der Insel tatsächlich eine Leiche. Nur handelt es sich um eine Frauenleiche, welche noch in derselben Nacht von einer aus dem Meer auftauchenden Gestalt zurückgeholt wird. Weiter verschwinden in dieser Nacht der Lensmann Bjørkang und sein Mitarbeiter Arnt Eriksen spurlos. Auf dem Weg zum Leuchtturm. Zu Thorkild und der Frauenleiche.
Die Luft schmeckt salzig, hier ist das Meer tief und schwarz. Die Wellen, die gegen den Fels branden, schaukeln eine Leiche vor mir im Wasser hin und her.
Aufgrund des psychisch labilen Zustandes von Thorkild Aske und dessen ummittelbare Vergangenheit hinter Gittern, schenkt ihm die Polizei keinen Glauben. Zwar spricht es zu Beginn niemand direkt aus, doch wird Thorkild nun des Mordes an zwei Polizisten verdächtigt. Als wäre das nicht genug, taucht nun auch noch sein ehemaliger Chef Gunnar Ore auf. Weshalb, bleibt weitgehend unklar. Sympathien schenken sich die beiden jedenfalls keine.
Tod in den Tiefen des Meeres
Nun ist es an Thorkild, seine Unschuld zu beweisen. Diesmal will er es nicht auf sich sitzen lassen und ohne Gegenwehr verurteilt werden. Nach einem neuerlichen Suizidversuch, welcher wiederum kläglich scheitert, findet er aus reinem Zufall die Leiche von Rasmus. Thorkild landet im Spital und Rasmus in der Pathologie. In der Folge nimmt Thorkild auf ziemlich amüsante Weise an der Obduktion des jungen Rasmus teil und erfährt somit viel an wertvoller Information. Es sind Stellen wie diese, die das Buch trotz aller Tragik der Geschichte unterhaltsam gestalten.
„Hörst du nicht, was ich sage? Zwei Polizisten werden vermisst, nachdem sie zu einem Leuchtturm gefahren sind, um dort einen psychisch labilen, suizidalen, hirngeschädigten Expolizisten zu treffen, der gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde.“
„Verdammter Mist.“
Thorkild muss erneut zum Leuchtturm. Nach einer abenteuerlichen Flucht aus dem Spital sowie vor der Zwangseinweisung in die Psychiatrie, fährt er mit dem örtlichen Fischer Johannes einmal mehr hinaus zur Insel. Der Ursprung der tödlichen Vorkommnisse liegen weiter zurück. Vor rund einem Monat verunglückte im Sturm vor der Küste ein russischer Trawler. Mit an Bord die junge Elena, welche als Prostituierte nach Tromsø reisen will. Ihr Tod besiegelt wenig später auch jenen von Rasmus und nun auch jenen von Thorkild.
„Oh mein Gott“, stöhne ich, während ich weiter dort an der Oberfläche hänge und darauf warte, dass die Gestalt durch den Tank zu mir heraufschwimmt. „Wie dumm ich war …“
Er taucht mit der Hilfe von Johannes zum Wrack und trifft dort auf die Leichen der beiden vermissten Polizisten. Und erhält kurz darauf Besuch von Harvey, welcher ihm zu Beginn eine grosse Hilfe war. Doch nun zeigt er sein wahres Gesicht. Findet Thorkild nun doch noch seinen so lange ersehnten Tod? Jetzt, da er um sein Leben kämpft?
Von schwerfällig bis amüsant
Das Buch ist grundsätzlich leicht zu lesen. Die Abschnitte, in welchen Thorkild Aske in seinen Wahnvorstellungen lebt und nach der verstorbenen Frei sucht, sind jedoch teils äusserst schwerfällig. Ganz im Gegensatz dazu stehen schon fast lustige und unterhaltsame Passagen, wie jene im Spital, als Thorkild trotz schwersten Verletzungen zu Spässen aufgelegt ist und sich sogar in die Obduktion von Rasmus schmuggelt. Ganz offiziell hereingebeten einer ermittelnden Kriminalbeamtin.
„Scher dich zum Teufel. Bis dahin kannst du nur hoffen, dass die beiden Polizisten wieder auftauchen. Wenn nicht …“
„Wird das Ganze ein schlimmes Ende nehmen?“
„Hat es schon“, sagt er und legt auf.
Was das Buch prägt, sind die kargen und stürmischen Verhältnisse in Nordnorwegen. So, wie man sich die felsige Küstenlandschaft vorstellt. Es kommt wohl nicht von ungefähr, dass ein heftiger Sturm aufzieht, als sich Thorkild auf der Insel befindet. Die eigentliche Geschichte, die Suche nach dem jungen Rasmus, gerät mehrheitlich in den Hintergrund. Spannend wird es gegen Ende, als Thorkild sich entschliesst, zu kämpfen und seine Unschuld zu beweisen. Was steckt tatsächlich hinter den tragischen Ereignissen in Nordnorwegen?
Entdeckung aus Norwegen
Heine Bakkeid wurde 1974 geboren und wuchs im Norden Norwegens auf. In seiner Heimat ist er ein renommierter Jugendbuchautor. Mit …und morgen werde ich dich vermissen veröffentlichte er 2017 seinen ersten Kriminalroman, wofür er von vielen Kritikern gelobt wurde.

(Quelle: Rowohlt Polaris; © Harriet M. Olsen)
…und morgen werde ich dich vermissen von Heine Bakkeid erschien 2017 bei Rowohlt Polaris.
Auf BUCHweltreise im Norden
Die bisher nördlichste Etappe meiner BUCHweltreise führte mich auf eine Leuchtturminsel in Nordnorwegen. Felsige Küstenlandschaften gepaart mit einer teils düsteren Geschichte. Aufziehende Stürme sowohl auf dem Meer wie auch im Buch. Und der Humor der Norweger kommt auch im Roman mit teils sehr amüsanten Abschnitten rüber.
Meine Reise geht weiter. Norwegen war bereits das 12. Land, welches ich lesend bereiste. Weitere werden folgen. Japan und Australien stehen zurzeit zoberst auf meiner Liste. Für weitere Informationen finden sich sämtliche Beiträge zusammengefasst auf meiner Übersichtsseite der BUCHweltreise – dem LESEreisebuch. Einfach reinklicken und losreisen. Viel Spass.
Initiiert wurde die BUCHweltreise vor über einem Jahr von Yvonne von umgeBUCHt. Auf ihrer Seite findet ihr noch weitere spannende LESEreisetipps.

Hat dir dieser Beitrag gefallen und du möchtest mehr davon? Dann melde dich jetzt an für meine E-Mail-Benachrichtigung. Einfach Name und E-Mail eintragen und auf Anmelden klicken. Und schon erhälst du ein Mail, wenn hier was neues bereit steht. Herzlichen Dank – ich freue mich.