Gedanken zu … Advent – Lasst den Stress beginnen
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Am heutigen 1. Dezember dürfen wir die erste Kerze anzünden. Woche für Woche folgt eine weitere, bis am 24. Dezember an Heilig Abend das Christkind kommt. In der besinnlichen Adventszeit sollten wir uns Zeit nehmen für uns und unsere Liebsten. Familie und Freunde. Wer kann das in der heutigen Zeit noch? Nimmt der Stress nicht gerade in dieser eigentlich so besinnlichen Zeit im Übermass zu?
Vom Alltag überrollt
Ich erinnere mich sehr gerne an meine Kindheit zurück, wie wir die Wochen vor Weihnachten jeweils erleben durften. Mit Freuden beobachteten wir, wie jede Woche eine Kerze mehr angezündet werden durfte. Süssigkeiten waren in der Adventszeit genauso tabu wie allzu grosse Hektik. Es war ganz einfach die grosse Vorfreude auf das Christkind, welches dann an Heilig Abend gerade noch so aus dem Fenster verschwand, als das Glöcklein läutete und wir ins Wohnzimmer eintreten durften.
Und heute? Irgendwie vermisse ich diese ruhigen Adventstage, an welchen man einfach mal auf das vergangene Jahr zurückblicken kann. Es fühlt sich an, als ob die Gesellschaft gemeinsam vom selbst gestalteten Alltag überrollt wird. Die grossen und mittleren Einkaufszentren gaukeln eine Weihnachtsstimmung vor mit dem Ziel, möglichst viele Leute an möglichst vielen Tagen in ihre Läden zu locken. Sonntagsverkäufe, spezielle Abendverkäufe und selbst an Heilig Abend kann man teilweise noch einkaufen gehen, wenn das Christkind bereits seine Runden dreht.
Weniger ist mehr
Erstaunlicherweise sind selbst dann die Läden dermassen voll, dass ich sie erst recht meide. Nebst all dem Geschenkestress und Essen-planen-einkaufen-kochen-marathon kommen da meist noch diverse Weihnachtsaperos und -essen von Firmen und Vereinen hinzu. Und selbstverständlich sollte man ja die ganze Familie und alle Freunde an Weihnachten schön mit Karten grüssen und noch besser, sieht man sich ja in den Weihnachtstagen. Es ja Weihnachten. Man hat ja Zeit.
Zeit, die man dann verdammt schnell nicht mehr hat. Zumindest nicht mehr für sich und seine Familie. Ich bin in diesem Jahr mal wieder ein wenig vorbestraft, was das bewusste Geniessen angeht. Und trotzdem freue ich mich auf die Adventszeit. Einmal mehr versuche ich einfach, nicht alles zu machen. Auch mal nein zu sagen und einfach Zeit zu haben. Etwas, das wir – ich und meine Frau – übrigens über das ganze Jahr immer wieder versuchen und uns deshalb ganz bewusst regelmässig Wochenenden blockieren, an denen wir strikt nichts abmachen. Um Zeit zu haben für uns.
Die Welt dreht sich weiter
Aber ja, es soll natürlich alles perfekt sein für die Weihnachtstage selbst. Alle Geschenke für alle möglichen und unmöglichen Leute müssen organisiert, besorgt und eingepackt sein. Nicht zu vergessen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bereit liegen. Und was man noch alles einkaufen muss. Oh mein Gott. Was isst man an Heilig Abend? Was tischt man der Verwandtschaft am ersten Weihnachtstag auf? Und ok, am Stephanstag gehts einfach, da trifft man sich mit der anderen Verwandtschaft auswärts. Aber abends?
Glücklicherweise sind am 27. Dezember die Geschäfte wieder geöffnet und man kann sich endlich wieder frisch versorgen und die ersten erhaltenen Weihnachtsgutscheine einlösen. Nur steht nun die nächste Versorgungswelle für das kommende Wochenende an und Silvester ist ja auch nicht mehr weit. Aber ach herrjemine, wo ist denn nur der Weihnachtsbaum? Und hier, meine lieben Leute, kommt was schönes. Dazu spazieren wir nämlich jedes Jahr in den nahen Wald und sägen unseren Weihnachtsbaum selbst ab. Aber nein, nicht einfach irgendwo. In unserer Gemeinde gibts den Weihnachtsbaumverkauf im Wald inklusive Feuer, Glühwein, Kuchen und ganz gemütlicher Stimmung. Total ohne Stress. Einfach nur schön. Im Anschluss geht es dann mit dem frischen Weihnachtsbaum wieder zu Fuss (oder mit dem Bus) den Hügel hoch nach Hause. Darauf freue ich mich. In diesem Sinne wünsche ich allen einen frohen ersten Advent.